Wer auf Mallorca Geld am deutschen Fiskus vorbeigeschmuggelt
hat, muss sich warm anziehen. Was Steueranwälte lange als
Panikmache der Finanzamts-Fahnder abtaten, stellt sich jetzt als
die harte Realität für Hinterzieher heraus: Die Liste deutscher
Immobilienbesitzer in Spanien existiert doch. Das bestätigt ein
Steuerfahnder des Finanzamtes Köln gegenüber MM. Er
berichtet, dass diese Liste bereits vor einem Jahr von den
spanischen Stellen über das Bundesfinanzministerium an die
Bundesländer verteilt wurde.
Jede Steuerfahndung hat die Namen erhalten, für die sie regional
zuständig ist. Da die Personen eindeutig identifiziert werden
können, gleichen die Fahnder Immobilienwert und versteuertes
Einkommen miteinander ab. Klafft dort eine große Lücke, wird man
aktiv. „Stellt sich beispielsweise heraus, dass ein Mensch, der
lediglich 30.000 Euro versteuert hat, ein Haus mit einem
Katasterwert von 250.000 Euro auf Mallorca gekauft hat, werden wir
hellhörig.” Bei einer so eklatanten Differenz würde in der Regel
gleich eine Hausdurchsuchung veranlasst, um belastendes Material zu
finden.
Die Steuerfahnder in Deutschland nutzen die Listen auch, um
Serienbriefe an Immobilienbesitzer zu schicken. In einem Schreiben
des Finanzamtes Bochum, das MM vorliegt (S. 3), wird nach
der Art des Grundbesitzes und nach seiner Finanzierung gefragt. Die
Fahnder wollen aber auch wissen, wie die Immobilie genutzt oder
gegebenenfalls vermietet wird. Klar: Gibt es Einnahmen, sind die
steuerpflichtig – was in den meisten Fällen geflissentlich
„übersehen” wird.
Alles in allem eine Situation, die Sebastian Korts, Rechtsanwalt
mit Spezialgebiet Steuern aus Köln, als „besorgniserregend”
bezeichnet. Er rät dringend davon ab, den Fragebogen ohne
fachkundigen Rat deutscher oder spanischer Berater auszufüllen.
Grundsätzlich besteht ohnehin keine Pflicht, die Fragen der
Steuerprüfer zu beantworten, wenn man „sich selbst oder einen nahen
Angehörigen bei wahrheitsgemäßer Beantwortung einer Straftat oder
Ordnungswidrigkeit bezichtigen” müsste, worauf die Bochumer Behörde
„vorsorglich” hinweist. Klar ist aber auch: Wer schweigt, macht
sich verdächtig.
Bei der Fahndung überqueren deutsche Beamte immer häufiger
Landesgrenzen, um ihre Kollegen etwa auf Mallorca zu unterstützen.
Sehr oft wird belastendes Material gefunden. „Wer glaubt, auf
Mallorca Papiere vor dem deutschen Finanzamt verstecken zu können,
liegt völlig falsch”, so Jurist Korts.
Wann deutsche Fahnder grenzüberschreitend tätig werden, hängt
von der Summe ab, die möglicherweise hinterzogen wird. „Ein
Fahnder, der im Jahr zwischen 250.000 und 750.000 Euro
hinterzogener Summen reinholt, rechtfertigt solche Spesen locker”,
heißt es aus dem Finanzamt Köln. Die Reisekosten rechtfertigen kann
ein großer Fisch, aber auch viele kleine Fälle, die gemeinsam
bearbeitet werden, lohnen den Weg durchaus.
Der Kölner Fahnder betont, dass die grenzüberschreitenden
Erfolge nicht auf Mallorca oder Spanien beschränkt sind. „Wir sind
auch nach Italien, Österreich oder England unterwegs”, berichtet
er. Ziel sei es, innerhalb der EU einen fiskalen Informationsfluss
zu haben, wie er heute schon zwischen den Bundesländern üblich
ist.
Für Anwalt Korts eine durchaus bedenkliche Entwicklung. Es gelte
schließlich, dass der Informationsfluss persönlicher Daten nicht
unkontrolliert erfolgen dürfe. „Zur Wahrung ihrer Privatsphäre
haben deshalb nicht wenige deutsche Hauseigentümer
Immobilienvermögen über zwischengeschaltete spanische
Gesellschaften erworben. Wer auf eigenen Namen die Immobilie
erworben hat, muss davon ausgehen, dass er in Kürze den vom
Finanzamt erarbeiteten Fragebogen erhält.”
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