Der fünfte spanische Generalstreik seit dem Ende der
Francodiktatur legte weder Spanien noch Mallorca lahm, soviel steht
fest. Während Spaniens Regierungssprecher Pio Cabanillas überhaupt
keinen Generalstreik erkennen konnte, bezifferten die
Gewerkschaften die Streikbeteiligung der Arbeiterschaft mit 84
Prozent.
Auf den Balearen schwankten die Angaben bezüglich der
Streikbeteiligung ähnlich. Die Balearen-Regierung bezifferte die
Teilnahme am Arbeitskampf mit 22 Prozent. Die Inselableger der
Gewerkschaften UGT und CCOO sprachen dagegen von einer
durchschnittlichen Mobilisierungquote von 84 Prozent. Im Bau- und
Hotelsektor auf Mallorca wäre der Streik sogar von 95 Prozent
befolgt worden.
Bereits in der Streiknacht legte auf Mallorca die Müllabfuhr die
Arbeit nieder. Die überquellenden Container wurden nicht geleert.
Im Fährhafen warteten um die 100 ankommende Passagiere im
Morgengrauen mit ihren Koffern vergeblich auf einen
Weitertransport. Weder Taxis noch Busse waren verfügbar.
Am Flughafen Son Sant Juan kam es am frühen Morgen zu Rangeleien
zwischen Polizei und Streikposten, die die Straße blockierten. Der
Airport war nahezu menschenleer. Nur die zugesicherten Mindestflüge
zum Festland und zu den Nachbarinseln wurden abgefertigt. Von den
450 geplanten Flügen fanden lediglich zehn Prozent statt.
Charterverkehr gab es keinen. Palma wurde nicht angeflogen. Der
Transport zum Airport wurde über eine öffentliche Buslinie
aufrechterhalten, auch Taxis fuhren. Die wenigen Urlaubertransfers
fanden nur in dem von der Regierung zugesicherten Minimalrahmen und
unter dem Begleitschutz der Guardia Civil statt. Rund 50.000
Fluggäste waren von den Streikmaßnahmen betroffen.
Bereits am Vortag kam es in Son Sant Joan durch den Streik der
französischen und italienischen Fluglotsen zu Verspätungen von bis
zu vier Stunden.
Von den 90 Stadtbussen in Palma fuhren 20. Der Überlandverkehr
wurde mit maximal zwei Hin- und Rückfahrten per Bus oder Zug
gewährleistet. Der Touristenzug nach Sóller wurde bestreikt.
Auch im Fährhafen wurden lediglich die angeordneten
Mindestverbindungen abgefertigt. Das Entladen von Lastwagen wurde
verhindert. Bei kleineren Sabotageakten wurden am Fähranleger
Telefonleitungen zerschnitten und Schlösser zugeklebt.
Zwei große Gruppen mit je 700 Gewerkschaftsaktivisten zogen
durch die touristischen Zentren an der Playa de Palma und Magaluf.
Während der Demonstrationen kam es zu kleineren Handgemengen und
der Beschädigung einiger Schaufensterauslagen. Journalisten wurden
an der Ausführung ihrer Arbeit gewaltsam gehindert.
In Palma gab es wenig Aufregung. Vor den großen Kaufhäusern
wurden die Streikposten durch massive Polizeipräsenz am Eindringen
gehindert. Andere geöffnete Geschäfte verbarrikadierten sich
solange die Streikposten auf und ab zogen, und öffneten
anschließend wieder.
Die am Mittwoch zu beobachtenden Hamsterkäufe erwiesen sich als
unnötig. Nahezu alle Supermärkte waren geöffnet. Jeder zweite
Einzelhändler schloss aber seine Türen. Auch befolgten bei weitem
nicht alle Tankstellen den Streikaufruf. Die Treibstoffversorgung
war jederzeit gesichert. Die Post und andere offizielle Stellen
arbeiteten mit einer Mindestbesetzung. Im Gesundheitswesen kam es
nicht zu nennenswerten Engpässen.
Rund 50 Prozent der Gastronomiebetriebe hatten geschlossen. Die,
die geöffnet hatten, zogen es aber meist vor, ihre Terrassen nicht
zu benutzen. Die Balnearios am Arenalstrand und der Mega-Park
öffneten erst am Mittag, im Anschluss an die
Gewerkschaftsdemonstration.
Spanienweit war die Situation ähnlich. Die Mindestversorgung der
Bevölkerung war zu keiner Zeit gefährdet. Bis Redaktionsschluss kam
es lediglich zu kleineren Ausschreitungen. Mehrere Dutzend
Demonstranten wurden verhaftet. Bei einer Rangelei zwischen
Arbeitern und der Polizei in Madrid erlitt ein Beamter einen
Herzinfarkt und starb.
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