Krise sei es nicht, was die balearische Wirtschaft momentan
durchlebt, hat der Präsident der mallorquinischen Handelskammer,
Miquel Lladó, bei der Vorstellung des Rahmensplans bis 2006 gesagt.
Schließlich könne man davon per Definition erst sprechen, wenn es
in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ein negatives Wachstum gebe,
„und das Wachstum wird mit etwa 1'5 Prozent in diesem Jahr über dem
europäischen Durchschnitt liegen”. Gleichwohl gebe die schlechte
Urlaubssaison Anlass zu Besorgnis.
Eine Ansicht, die erstmals offiziell von der Balearen-Regierung
geteilt wird. In seinem Konkunkturbericht sprach der balearische
Finanzminister Joan Mesquida (PSOE) von einem Rückgang der
Hotelübernachtungen in den ersten vier Monaten des Jahres um 22'9
Prozent. Er rechnet jedoch mit einer gewissen Erholung und dass die
Hoteliers das Jahr mit einem Minus von 14'9 Prozent abschließen
können. Mit geschätzten gut 46 Millionen Übernachtungen würde man
auf die Zahlen von 1998 zurückfallen. Im bisherigen Spitzenjahr
1999 wurden gut 58 Millionen Room-Nights gezählt, 2000 und 2001
waren es jeweils etwa 53'5 Millionen.
Die Aussichten für den Sommer sind ebenfalls schlecht: Im Mai
lag die Hotelauslastung bei 63 Prozent, 12 Punkte weniger als 2001.
In den ersten Juniwochen beläuft sich das Minus gar auf 30 Punkte,
erklärt der mallorquinische Hotelverband FEHM.
Mesquida führt den Rückgang auf die Verlangsamung der
internationalen Konjunktur zurück, die sich besonders negativ auf
die Insel-Destinationen auswirke; auch die Kanaren verzeichneten
ein Minus von 14'8 Prozent. Viele der beim Konjunkturbericht
anwesenden Wirtschaftsexperten sind jedoch der Meinung, dass es
sich nicht nur um konjunkturelle, sondern auch strukturelle
Probleme auf den Balaeren gibt. Eugeni Aguiló, Professor an der
Balearen-Uni, erwähnt die Schwierigkeiten, die starren Saisonzeiten
zu entzerren, „ein Beleg, dass es den Inseln im Winter an
Attraktionen fehlt”. Sein Kollege Antoni Riera verweist auf die
Hotelpreise, die seit Jahren überdurchschnittlich teurer
werden.
Für die mallorquinischen Hoteliers stellt sich aktuell die
Frage, wie sie ihre Häuser noch füllen können. Der Markt, vor allem
der deutsche, reagiert kaum auf Sonderangebote. Zudem bieten die
Reiseveranstalter in Deutschland vor allem solche Hotels an, die
zum eigenen Konzern gehören – also Thomas Cook die Iberostar- und
TUI die RIU- und Grupotel-Häuser.
Eigentlich ein Grund, zu den kleineren Mitbewerbern zu gehen.
Doch wegen der schlechten Zahlen befinden sich die Herbergsväter
auch hier in ungünstigen Position, wenn es um neue Verträge geht.
Die Zeiten lukrativer Garantieverträge sind vorbei, Preiserhöhungen
passé. So hat Alltours-Chef Willi Verhuven am Wochenende am Rande
der Einweihung seiner neuen Zentrale in Duisburg vor 70
Hotelpartnern darauf hingewiesen, dass die Preise runtergehen
müssten. Außerdem forderte er sie auf, eine Lösung zu finden, dass
die Ökosteuer für Touristen in den Pauschalpreis eingeschlossen
werden kann.
Die Hoteliers persönlich werden unter dem gegenwärtigen Rückgang
zwar leiden – aber dennoch Geld verdienen, wenn auch deutlich
weniger als in den Boom-Jahren. Schließlich können sie flexibel an
der Kostenschraube drehen, zumal ihre Häuser meist längst
abgeschrieben sind. Sie beschäftigen weniger Personal, was sich auf
die Arbeitslosenzahlen auf den Balearen nicht auswirkt, da die
Zeitkräfte vom Festland geholt werden.
Bemerken wird man jedoch die fehlenden Aufträge für Zulieferer,
bei denen es sich meist um Klein– oder Kleinstbetriebe handelt.
„Bei bis zu 50 Prozent weniger Einnahmen geht es da schnell an die
Existenz” warnt ein Hotelier. Noch gibt es keine Auswirkungen auf
dem Arbeitsmarkt, weil die wenigen Mitarbeiter nicht entlassen
werden. Doch „es drohen eine ganze Menge Pleiten”, so der
Herbergsvater, der ungenannt bleiben will.
Der Krise kann er Positives abgewinnen: „Dann merken es die
Leute und wählen nächstes Jahr die Regional-Regierung ab.”
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