Während die Tourismusbranche allgemein unter Rückgängen klagt,
erlebt der Seminar–, Kongress– und Incentivebereich auf Mallorca
einen kleinen Schub: In diesem Jahr verzeichnet die aus Hoteliers,
Incomingagenturen und Kongresszentren gebildete Organisation
Mallorca Convention Bureau zehn– bis 15-prozentige Zuwächse.
„Viele Firmen, die vor dem 11. September Fernziele angesteuert
hätten, kommen dieses Jahr nach Mallorca”, sagt Juan Miguel
Caldentey, Präsident des Vereins und Direktor des Hotels Melià del
Mar in Palma. Durch mehr Promotion im Ausland und den Bau eines
Kongresspalastes für Massenveranstaltungen könnte die Insel, die
ansonsten alle Erfordernisse für diese anspruchsvolle Klientel
erfüllt, ein starker Magnet werden, sind sich die Fachleute der
Branche einig.
Die allermeisten der Incentive-Gäste auf Mallorca kommen aus
Deutschland. Das hat laut Juan Caldentey einen einfachen Grund: „An
Incentivereisen werden sehr hohe Erwartungen gestellt. Da muss man
die Leute zum Träumen bringen. Die Spanier kennen Mallorca in der
Regel, für sie sind andere, exotischere Ziele interessanter.”
Außerdem seien diese Motivationsreisen in Spanien nicht so stark
verbreitet. Für Deutsche sei die Insel durch die Lage im
Mittelmeer, die landschaftlichen Reize und Möglichkeiten für
Outdoor-Aktivitäten, die große Auswahl an Luxushotels und guten
Restaurants, aber auch wegen der geringen Flugzeit reizvoll. Für
Herbst 2002 und Frühjahr 2003 seien die Perspektiven bereits jetzt
sehr gut. 200 bis 300 Hotels, schätzt Caldentey, profitierten von
dieser Entwicklung. 80 Prozent davon seien Vier- oder
Fünf-Sterne-Häuser. Denn Luxus und Genuss stehen bei den
Belohnungsreisen für Mitarbeiter ganz hoch im Kurs.
„Mallorca hat in diesem Bereich ein enormes Potential”, sagt
Pere Santandreu, Direktor des Auditoriums Sa Màniga in Cala Millor.
Der Urlaubsort an Mallorcas Ostküste hat vor drei Jahren mit dem
Bau eines modernen Veranstaltungs– und Kongresszentrums einen
Anziehungspunkt für Besucher in der Nebensaison geschaffen. Das
Konzept geht auf: Im vergangenen Winter hat unter anderem
Mercedes-Benz nach und nach mehr als 10.000 Menschen nach Cala
Millor geschickt, um dort ein neues Modell zu präsentieren.
„Gibt ein normaler Sommerurlauber im Schnitt 42 Euro pro Tag
aus, so lässt ein Geschäftsreisender 270 Euro am Tag da”, rechnet
Santandreu vor. Seiner Ansicht nach tut Mallorcas Tourismusbranche
allerdings zu wenig, um sich als Standort für Incentive- und
Kongressreisen einen guten Namen zu machen: „Mit mehr Werbung
hätten wir mehr Erfolg”, sagt er. Bei der EIBTM, der wichtigsten
Messe für Incentive- und Geschäftsreisen in Genf, sei Mallorca nur
mit zwei Ständen vertreten gewesen: „Es fehlt an koordinierten
Promotionkampagnen von Agenturen, Hoteliers und den kommunalen
Verwaltungen”, findet er.
Auch das Fehlen einer Kongresshalle in Palma mit Platz für
mehrere tausend Menschen wird beklagt. Ulrich Becker von der
Eventagentur Mallorca Creative: „Wir brauchen dringend eine solche
Einrichtung. Veranstaltungen für mehr als 1000 Leute können wir
hier nicht organisieren. Die schicken wir dann nach Gran Canaria
oder Andalusien.” Zweites Problem: Die bestehenden Einrichtungen
wie das Auditorium in Palma und das Pueblo Español seien häufig
ausgebucht und von den technischen Ausstattung her nur bedingt für
Konferenzen geeignet.
Für Seminar- und Incentivereisen hat die Insel dagegen viele
Vorteile zu bieten. „Mallorca ist eine Alternative zu Deutschland”,
sagt Christina Wolf, Geschäftsführerin von der Agentur Alta-Media
(Hamburg). Die guten und günstigen Fluganbindungen von Deutschland
legen es nahe, Meetings in ein sonnigeres Ambiente zu verlegen.
Selbst bei Seminaren, wo die Arbeit im Vordergrund steht und
wenig Zeit bleibt, um die Vorzüge der Insel zu genießen, stärkt der
Tapetenwechsel die Motivation der Mitarbeiter und lenkt das Denken
in andere Bahnen. Alta-Media will „Seminar-Events mit
Erinnerungswert” bieten, durch ungewöhnliche Locations und
Rahmenprogramme. Die Seminarleiter bringen die Firmen teilweise
selbst mit, oder die einschlägigen Agenturen arbeiten die Inhalte
aus.
Während die idyllisch gelegene mallorquinische Finca für kleine
Gruppen noch geeignet sei, kämen für Incentivereisen mit bis zu
200, 300 Teilnehmern nur größere Hotels in Frage, sagt Ulrich
Becker. Mittlerweile seien einige Vier– und Fünf-Sterne-Häuser auf
Mallorca mit „tollen Tagungsräumen, der nötigen Technik und gut
geschultem Personal” ausgestattet.
Die Zeiten, als Manager noch zum Überlebenstraining in die
Wildnis geschickt wurden, seien vorbei. Mit einem Spaß– und
Genussprogramm alleine sei es aber auch nicht getan: Um den
Teamgeist zu stärken, sei meistens auch ein leichtes Sportprogramm
oder ein Wettkampf dabei. „Man lernt sich besser kennen und
harmoniert dann auch in der täglichen Arbeit”, so Becker.
Firmen sind anspruchsvolle Kunden. Jede Gruppe hat andere
Bedürfnisse, die individuell bedient werden müssen. „Die Teilnehmer
sollen nach vier Tagen das Gefühl haben, zwei Wochen auf Mallorca
verbracht zu haben”, sagt Fernando Allés von Barcelo Meetings &
Incentives. Wichtig sei, neben Outdoor-Aktivitäten wie der Fahrt
auf dem Katamaran oder der Jeep-Safari auch immer ein wenig von
Land und Leuten zu zeigen.
Gruppen, die von Peter Wabbels Agentur Fiesta-balear betreut
werden, „müssen immer auch ein wenig Spanisch lernen”. Wichtig sei,
sie abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu führen: „Man muss
schon ausgefallene Ideen bieten.”
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