Sie sind sichere Zeichen des Frühlings. Wenn die Radfahrer
Mallorcas Straßen bevölkern, ist der Winter so gut wie vorbei. Seit
Jahren schon ist die Insel ein Paradies für Besucher aus Ländern,
in denen man im Februar und März nur auf der Rolle im Keller seinem
Hobby nachgehen kann.
Nach Zahlen des balearischen Tourismusministerium sind es jedes
Jahr etwa 90.000 Menschen, die ihren Mallorca-Urlaub im Sattel
verbringen. Nach jahrelangen zweistelligen Steigerungsraten hat
sich jedoch auch in diesem Segment eine Verlangsamung des Wachstums
eingestellt. Max Hürzeler, Inhaber des größten
Radtourismus-Veranstalters auf Mallorca, hat in 2001 etwa 19.000
Gäste auf die Insel gebracht, „in diesem Jahr werden es wohl etwas
weniger”, so der Schweizer Ex-Profi. Damit ist der ehemalige
Steher-Weltmeister jedoch zufrieden, „schließlich läuft es in
anderen Bereichen viel schwächer”. Die zwölf Hotels, in denen er
Stationen unterhält, sind jedenfalls in der Nebensaison, die
gleichzeitig für Radler Hauptsaison ist, gut gebucht.
Während im Januar und Februar vor allem Profis und ambitionierte
Amateure nach Mallorca ins Trainingslager fahren, sind die Monate
März und April für die Hobby-Radler. Das sind auch diejenigen, die
meist ein Mietrad nehmen. Hürzeler hat davon 1600 im Angebot, eine
neue Station mit 250 Maschinen hat er im Hotel Boccaccio
aufgemacht.
Hürzelers Konkurrenten hoffen auf Wachstum – freilich auf
deutlich niedrigerem Niveau. Philipp Egli, Inhaber von Philipps
Bike Sport Team in Magaluf, erwartet nach 1900 Gästen im Vorjahr
jetzt etwa 2000. „Bis 20. März sind die Buchungen gut”, so der
Eidgenosse, „danach eher mittelmäßig”. Er hat den Eindruck, dass
auch in seinem Segment immer später gebucht wird, schließlich gehen
weder die wirtschaftlichen Probleme im Hauptquellmarkt Deutschland
noch die immer noch vorhandene Unsicherheit nach dem 11. September
an den Pedalrittern vorbei.
Egli sieht noch weiteres Wachstumspotential, allerdings weniger
in dem Bereich, den er und Hürzeler beackern: „Die Zahl der
Rennradfahrer dürfte sich nicht mehr so stark nach oben bewegen,
aber es gibt noch viele Möglichkeiten, das Radwandern nach vorne zu
bringen.”
Eine Marktlücke jenseits der Rennradler haben sich Marcus und
Jessica Derjung geschaffen. Seit zwei Jahren bieten sie mit als
„Cats – Creative Adventure Tours” Reisen für Mountain-Biker an. Von
ihrer Station im Hotel Insotel Club Cala Rajada führen viele
Strecken abseits asphaltierter Straßen. In diesem Jahr hofft das
Ehepaar auf mehr als die 500 Gäste, die es im Jahr 2001 waren.
Bei ihren Fahrten durch die Natur haben sie laut Jessica Derjung
mittlerweile gar keine Probleme mehr mit den Besitzern von
Privatgrundstücken. „Seit wir im Radsportverein in Capdepera sind
und viel mit Einheimischen unterwegs sind, kennt man sich, dadurch
wird alles viel leichter”, so die Deutsche, die voriges Jahr Dritte
bei den balearischen Mountain-Bike-Meisterschaften geworden
ist.
Leicht haben sie es in diesem Jahr dennoch nicht: „Der Sturm hat
viele unserer Touren unpassierbar gemacht, vor allem auf
Privatgrundstücken liegen die umgestürzten Bäume oft kreuz und
quer”, so Derjung. Zum Beispiel können sie die Tour zwischen Cala
Agulla und Cala Mesquida vorerst nicht fahren.
Aber auch auf Mallorcas Straßen geht es nicht ohne Hindernisse.
Philipp Egli klagt, dass es zu viele Baustellen gibt. „Ich weiß,
dass die Arbeiten gemacht werden müssen”, so der Schweizer, „aber
wenn die Straße zwischen Son Ferrer und dem Golf de Poniente seit
drei Jahren umgebaut wird, sehe ich das nicht ein”. Auch Radwege
würden immer wieder aufgerissen.
Landsmann Max Hürzeler pflichtet ihm bei: „Die Zufahrten aus den
dichtbesiedelten Gegenden, wo auch die meisten Hotels sind, ins
Landesinnere müssten verbesserten werden. Dort sind die Straßen
allerdings sensationell.” Viele, gerade auch kleine Straßen, auf
denen stundenlang kaum ein Auto fährt, sind nagelneu asphaltiert.
Auch das Radwegenetz wird langsam erweitert. Hürzeler moniert aber
den schlechten Zustand vieler Radwege: „Zum Beispiel auf der Straße
am Hotel Delta ist alles voller Scherben und Schutt, die Sträucher
wuchern den Seitenstreifen zu. Da kann man nicht fahren.”
Der erste Radsportadresse an der Playa de Palma ist in diesen
Wochen das Hotel Taurus Park und das Fred Rompelberg Bicycle-Team.
Beim 55-jährige Niederländer, ältester Radprofi der Welt und Halter
des Geschwindigkeits-Weltrekordes auf einen Fahrrad (268'831
Stundenkilometer, aufgestellt auf einem Salzsee in Utah 1995),
fährt eine internationale Truppe aus Holländern, Belgiern und
Deutschen. „Es lief in den ersten Wochen ein wenig schleppend,
mittlerweile haben wir die gleichen Zahlen wie in 2001”, sagt der
stets gutgelaunte Fred, den vor elf Jahren sein alter Spezi
Hürzeler auf die Insel holte. Vor sechs Jahren machte sich
Rompelberg selbstständig, doch der Schweizer bleibt sein Vorbild.
„Er ist der Kaiser. Und natürlich kopiere ich, was er macht.”
Das heißt: Unterschiedlich leistungsstarke Radler fahren in
mehreren Leistungsgruppen – so kommen echte Sportler ebenso auf
ihre Kosten wie gemütliche Spazierenfahrer. „Wenn bei Paaren der
Mann sechs Stunden auf dem Rad sitzt und die Frau im Hotel wartet,
dann ist er abends müde und sie hat schlechte Laune”, sagt Philipp
Egli. Also radelt auch sie, wenn's sein muss, auf einer völlig
flachen Strecke – auch davon hat Mallorca schließlich genug.
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