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Die Ermittlungen sind natürlich nicht eingestellt, werden aber nicht mehr mit dem Hochdruck betrieben wie in den ersten Monaten nach der Tat”, sagt Francisco Oliver, Sprecher der Nationalpolizei in Palma am Donnerstag auf MM-Anfrage. Es geht um Mallorcas aufsehenerregendsten Mordfall des vergangenen Jahrzehnts. In der Nacht zum Montag jährt sich der sogenannte „Bierkönig”-Mord bereits zum vierten Mal.

Am Morgen des 12. November 1997 machte eine Angestellte des „Bierkönig”-Wirts Manfred Meisel die schaurige Entdeckung. Die Vogelpflegerin (Meisel züchtete Papageien) entdeckte ihren Chef tot im Bürogebäude auf dessen Finca bei S'Aranjassa. Neben Meisels Leiche lag der tote Körper ihrer Kollegin Claudia Leisten (39), die ebenfalls ermordet wurde. Beide waren mit Pistolenschüssen in den Hinterkopf getötet worden.

Die Täter schreckten auch nicht davor zurück, ein Kind zu ermorden. Der achtjährige Patrick, Sohn des 49 Jahre alten Manfred Meisel und seiner langjährigen Lebensgefährtin Daiana Ritter (damals 31), wurde leblos im elterlichen Schlafzimmer gefunden, man hatte sein Leben mit zwei Schüssen in die Schläfe ausgelöscht.

Daiana Ritter hielt sich zum Zeitpunkt der Tat in Deutschland auf. Sie war schwanger von Meisel und zur Untersuchung nach Frankfurt geflogen. Dort erfuhr sie von dem Mord.

Auch der Ehemann von Tierpflegerin Claudia, Klaus Leisten, bekam die Schreckensnachricht in Deutschland überbracht. Der bekannte Mallorca-Diskjockey und seine Frau hätten wenige Monate nach der Tat ihren zehnten Hochzeitstag feiern können. Genausolange war das Paar auch auf Mallorca. Klaus Leisten verlor in der Nacht zum 12. November 1997 seinen Lebensmittelpunkt, den Menschen, der ihm Halt und Liebe gegeben hat. Über diesen Verlust kam der Mann nicht hinweg. Er starb Ende 2000, ohne noch erfahren zu dürfen, wer die Täter waren.

Daiana Ritter brachte im April 1998 ihren Sohn Florian zur Welt. Lange Zeit überlegte die junge Frau, ob sie auf Mallorca bleiben oder nach Deutschland zurückgehen sollte. Die Entscheidung fiel für die Insel. Sie ist inzwischen mit Sven Massinger liiert, dem früheren Geschäftsführer des „Bierkönigs” und engen Vertrauten Meisels. Die beiden haben seit Mai die gemeinsame Tochter Lara-Sophie und betreiben seit wenigen Wochen das Lokal „Skipper's” im Einkaufszentrum Maioris Decima nahe Las Palmeras.

Als die Nachricht von dem Dreifach-Mord sich am 12. November 1997 wie ein Lauffeuer über die Insel verbreitete und auch schnell in den Redaktionen deutscher Medien ankam, war an der Playa de Palma nichts mehr so wie vorher. Der Schatten des Todes hatte sich über die Vergnügungsmeile gelegt, wo die Saison kurz zuvor beendet worden war. Spekulationen über die Täter oder mögliche Motive hörte man allerorts. War Meisel Opfer einer Papageienmafia geworden, weil er mit seiner Zucht immer größer wurde? Hat es der Konkurrenz nicht gepasst, dass er den umsatzstärksten Biergarten der Insel betrieb? Steckten private Gründe hinter der schrecklichen Tat? Um Raub scheint es sich nicht gehandelt zu haben – die Ermittler fanden hohe Bargeld-Summen.

Bis heute gibt es keine Antworten, nur wenige Einzelheiten, da die spanischen Ermittler wenige Tage nach dem Mord eine Informationssperre verhängten. Kein leichter Job auch für die deutschen Journalisten, die zu Dutzenden an die Playa de Palma kamen, um ihre Story zu finden. Den Spekulationen in den Medien waren daher Tür und Tor geöffnet.

Die für viele erlösende Nachricht, man habe die Täter ermitteln und verhaften können, blieb bisher aus. Manfred Meisel, sein Sohn Patrick und Claudia Leisten haben ihre letzte Ruhe auf dem Friedhof Bon Sosec an der alten Landstraße von Palma nach Inca gefunden. Inzwischen steht auch Klaus Leistens Urne neben der seiner Claudia.

Anfänglichen Befürchtungen zum Trotz wurde an der Playa de Palma weitergefeiert. Auch im „Bierkönig”, unter neuen Besitzern. Ende Oktober allerdings wurde die Kult-Tränke abgerissen. Im nächsten Frühjahr soll aber Wiedereröffnung gefeiert werden. Mit dem, was die Stamm-Urlauber als „Bierkönig” kennen, dürfte das neue Lokal dann aber wenig zu tun haben.

Viele an der Playa de Palma haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Mörder von S'Aranjassa irgenwann gefasst werden. Anscheinden kann aber nur noch „Kommissar Zufall” helfen. Weiterhin ist eine Belohnung in Höhe von 200.000 Mark für sachdienliche Hinweise ausgesetzt.

Von der Kripo Frankfurt, die ebenfalls intensiv auf Mallorca und in Deutschland ermittelt hat, ist wie schon in den vergangenen Jahren zu hören: Die Akten sind noch nicht geschlossen. Denn: „Tötungsdelikte verjähren nie.”