Nichts ist schlimmer als Heimweh. Es bricht je nach Vaterland,
je nach Gemütslage und Glauben zu den unterschiedlichsten
Jahreszeiten, zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten aus.
Mohammedaner packt es während des Fastenmonats Ramadan in der
sonstigen Fremde. Franzosen vergießen am 14. Juli eine Träne im
Gedanken an die ,,Grande Nation”; manchem Engländer wird's warm ums
Herz, wenn er in der Fremde von Ascot liest. Iren singen am Saint
Patricks Day auch in der Fremde wehmütige Lieder, und Amerikaner
sind am Independence Day fest davon überzeugt: ,,In God we trust”,
auch wenn sie an allen anderen Tagen des Jahres völlig ungläubig
sind.
Heimweh trifft auch harte Männer. Gefühle dieser Art wurden von
Hans Albers jahrelang besungen. Die Deutschen sind insbesondere am
Heiligen Abend und am Muttertag gefährdet. Die ersten
Depressionserscheinungen kann man erfolgreich mit Eisbein und
Sauerkraut bekämpfen. Aber nur, wenn man sich in BSE–freien Landen
befindet. Dann lässt aber meist die Qualität zu wünschen übrig. Für
Kinder reicht manchmal das Kuscheltier, Hunden genügt die alte
Socke des Herrchens.
Bei härteren Fällen sei Erwachsenen eine Plastiktüte voll
Heimaterde oder eine Dose Berliner Luft empfohlen. Auch ein
zusammenklappbarer Weihnachtsbaum an den Pools von Mallorca bis
Singapur kann Wunder wirken.
Wie man sieht, profitieren ganze Branchen von der Sehnsucht nach
dem heimischen Herd. Wer zwischen Miami und Arenal ein deutsches
Restaurant eröffnet, macht nicht nur ein Geschäft, sondern betreibt
auch eindeutig Psycho–Pflege.
Manche Leute lassen sich ihr Heimweh etwas kosten und verreisen
mehrmals jährlich in ferne Länder, um dort still vor sich hin zu
leiden. Kommen sie zurück, planen sie schon den nächsten
Maso–Trip.
Es gibt eindeutige Erkennungsmerkmale für chronisch
Heimwehgeschädigte, wie das Einpacken eines Stricks vor der Abreise
von zu Hause. Man sollte an die Vernunft der
Versicherungsgesellschaften appellieren, auf dass sie
Reiserücktrittsversicherungen mit Heimwehklausel anbieten.
Die Prämie müsste etwas höher liegen, machte sich aber bezahlt.
Statt sich bei 30 Grad am Strand den Magen mit Eisbein zu
verderben, könnte sich der Versicherte ein paar schöne Tage zu
Hause im Schrebergarten machen.
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