Ihre Schönheit täuscht. Über diesem Schiff liegt ein Schatten, der sich durch fast ein Jahrhundert zieht. | Gilles Martin-Raget / Camper & Nicholsons

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Eine der schillerndsten Privatsegelyachten der Welt, die über 65 Meter lang „Creole“ im Besitz der Erben des 1995 ermordeten italienischen Modezares Maurici Gucci hat am Montag (25.11.) den Hafen von Palma angelaufen. Der Dreimast-Schoner, eine der größte Holz-Segelyachten der Welt, soll auf der Werft Astilleros de Mallorca überholt werden. Doch ihre Schönheit täuscht. Über diesem Schiff liegt ein Schatten, der sich durch fast ein Jahrhundert zieht.

Die ungewöhnliche Geschichte der „Creole“ begann 1926 mit einem Traum. Alec Cochran, ein wohlhabender Amerikaner, wollte das schönste Segelschiff der Welt bauen lassen. Es sollte simpel, elegant und mit minimaler Crew segelbar sein. Die britische Werft und der spätere Yachtbroker Camper & Nicholsons setzte diese Vision um und schuf einen Dreimast-Stagsegelschoner mit revolutionärem Rigg. Doch schon bei der Schiffstaufe gab es das erste böse Omen: Die Champagnerflasche wollte erst im dritten Versuch am Rumpf zerbrechen – ein schlechtes Zeichen, wie Seefahrer sagen.

Nach wechselnden Besitzern und ruhmreichen Regatta-Erfolgen wurde die „Creole“ 1939 in den Wirren des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmt. Die Royal Navy entfernte ihre prächtige Innenausstattung, taufte sie in „Magic Circle“ um und nutzte sie als Minenräumer vor der schottischen Küste. Ihre Masten gingen verloren, und als der Krieg endete, war von der einstigen Eleganz kaum etwas übrig.

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Ein weiteres Kapitel schrieb der griechische Reeder Stavros Niarchos, der das marode Schiff 1947 restaurieren ließ. Er verwandelte die „Creole“ in eine schwimmende Galerie mit Werken von Van Gogh, Renoir und Dalí. Prominente Gäste wie König Juan Carlos und Königin Sofía verbrachten sogar ihre Flitterwochen an Bord – allerdings unter denkbar unromantischen Umständen. Der König brach sich den Arm an Bord und steckte die gesamte Reise in einem unbequemen Gips. Der Schmerz und das Drama begleiteten die junge Ehe.

Ein noch düsteres Ereignis überschattete das Leben auf der „Creole“ in den 1970er-Jahren: Die dritte Ehefrau von Niarchos starb an Bord unter mysteriösen Umständen. Offiziell hieß es, sie habe eine Überdosis genommen. Doch Gerüchte um einen möglichen Mord hielten sich hartnäckig. Der Vorfall führte dazu, dass Niarchos das Schiff aufgab. Die dänische Regierung übernahm und nutzte es als Schul- und Rehabilitationsschiff. Doch auch dieser Versuch scheiterte, und die „Creole“ verrottete erneut.

Erst 1983 fand sie in Maurizio Gucci einen Retter. Der italienische Modezar investierte ein Vermögen, um den Glanz der „Creole“ wiederherzustellen. Alles wurde modernisiert, ohne den klassischen Charakter des Schiffs zu zerstören. Die Yacht wurde ein Meisterwerk – und doch blieb sie ein Unglücksschiff. Gucci selbst wurde 1995 von einem Auftragskiller erschossen, den seine Ex-Frau Patrizia Reggiani beauftragt hatte. Wieder ein Schicksalsschlag, der das Bild der „Creole“ als verfluchtes Schiff nährte.

Heute, mit einem Marktwert von über 20 Millionen Euro, wird die „Creole“ für Wochencharter angeboten. Wer das nötige Kleingeld hat, kann sie ab etwa 230.000 Euro pro Woche mieten – Nebenkosten nicht inklusive. Doch für viele bleibt der Gedanke an ihre dunkle Geschichte abschreckend. „Es ist eine spektakuläre Yacht“, sagte einst ein Sprecher der Werft in Palma, „aber die Geschichten, die man über sie hört, machen sie fast unheimlich.“