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Der ehemalige italienische Ministerpräsident Giulio Androtti hat vor vielen Jahren gesagt, er liebe Deutschland so sehr, dass er froh sei, dass es zwei davon gäbe. Weniger ironisch, aber ansonsten gleich dachten Thatcher, Mitterand und die Mehrzahl aller europäischen Politiker. Nun ist Deutschland schon wieder mehr als zwanzig Jahre vereinigt und genau das tritt ein, was man in Europa nach zwei Weltkriegen nicht mehr haben wollte: Deutschland ist zu gross, seine Wirtschaft ist zu stark und seine Politiker setzen die daraus resultierenden Vorteile machtpolitisch und skrupellos durch. Deutschland war noch nie so isoliert, wie in diesen Tagen. Sogar Mme. Lagarde, die Präsdidentin des Welt Währungsfonds, die als Sarkozy-Ministerin nicht im Verdacht steht, das Lied des Präsidenten Hollande zu singen, mahnt die Bundeskanzlerin, von ihrem rigorosen Sparkurs zu lassen. Ich habe den dumpfen Verdacht, dass die Sturheit der deutschen Politik mit der Lebensgeschichte der Bundeskanzlerin zu tun hat. Sie ist unbeleckt von den Entwicklungen im Westen, die 68er Bewegung ist an ihr vorübergegangen, und sie lebte in einem Regime, das den Antifaschismus sozusagen erfunden hatte, und sich deshalb die Notwendigkeit, sich mit der Nazivergangenhait zu befasssen, institutionell nicht ergab. Frau Merkel ist nicht durch Frankreich per Anhalter gefahren oder auf dem Moped nach Italien. Sie hat daher nicht erleben müssen, wie uns damals zum Teil spürbare Ablehnung entgegenschwappte, wenn wir in den Dörfern um einen Zeltplatz baten oder auf dem Markt einkauften. Aigner, von der Leyen, Schavan von der Union, Roth von den Gründen oder Kraft von der SPD, wären sie heute Bundeskanzlerin, sie wüssten von den Besorgnissen unserer europäischen Nachbarvölker, einfach deshalb, weil sie als Studentinnen Europa bereisen konnten, und dabei das erfuhren, was den DDR Bürgern zu erfahren verwehrt war: Deutschland als Ganzes wird in Europa als gefährlich empfunden.