Luftlöcher und Turbulenzen entstehen am häufigsten durch Wolkenbildungen. | Rainer Brückner/pixelio.de

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Gerade eben hat man noch über den Scherz des Sitznachbarn gelacht, als die Anschnallzeichen piepsend aufleuchten. Ohne Vorwarnung beginnt das Flugzeug zu ruckeln und für einen kurzen Moment in die Tiefe zu sacken. Der Magen verkrampft, das Herz scheint auszusetzen, Angst und Panik vor einem drohenden Absturz machen sich breit.

Für nicht wenige Flugpassagiere sind Turbulenzen am Himmel wie Horrorfilme im Kopfkino, die mitunter sogar länger anhaltende Angst- und Panikattacken auslösen können. Tatsächlich sind solche Schlaglöcher am Himmel sehr viel harmloser als man denkt. Was hinter ihnen steckt und wie man sie ohne Angst übersteht, erfahren Sie hier.

Was genau sind Flugturbulenzen?

„Flug- oder Luftturbulenzen werden durch unterschiedliche meteorologische Situationen verursacht”, sagt Rainer Jensen, pensionierter, ehemaliger Airberlin-Pilot mit Altersruhesitz auf Mallorca. Die häufigsten Ursachen seien Wolkenbildungen, genauer gesagt, sich vertikal nach oben windende Wolken. Dabei entstehen Luftlöcher, die das Flugzeug kurzzeitig aus seiner Diensthöhe absacken lassen. „Gewitter sowie Luftströmungen über oder am Rande von Gebirgszügen, wie beispielsweise den Alpen, führen ebenfalls zu Turbulenzen”, so der Deutsche. Aus diesem Grund gelten die meisten Flugstrecken zwischen Mallorca und Deutschland, sowie Österreich und der Schweiz zu den Routen in Europa, auf denen die meisten Turbulenzen auftreten.

Wann und wo treten Turbulenzen auf?

„Luftströmungen, Aufwinde und Wolkenformationen treten aufgrund der durch Sonneneinstrahlung verursachten Thermik fast ausschließlich tagsüber auf”, erklärt Jensen. Will heißen: nachts, am frühen Morgen oder am späten Abend sind Turbulenzen eher selten. „Die massive Zirkulation von Luftmassen tritt vor allem in Höhen von bis zu 10.000 Metern auf, sprich auf Kurz- und Mittelstreckenflügen”. Turbulenzen auf Langstreckenflügen seien eher die Ausnahme. Grundsätzlich gilt: Je niedriger das Flugzeug fliegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, im Flieger geschüttelt zu werden.

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Wie gefährlich sind auftretende Turbulenzen?

„Luftturbulenzen stellen für die Integrität eines modernen Flugzeuges nahezu keine Gefahr dar. Das liegt daran, dass Turbulenzen beim Flugzeugbau berücksichtigt werden”, so Rainer Jensen. Aus diesem Grund seien die Tragflächen nicht starr, sondern elastisch, um sich den Luftströmungen zu jedem Zeitpunkt anpassen zu können. „Auch die Piloten werden im Hinblick auf plötzlich auftretende Turbulenzen geschult, elektronische Stabilisatoren und Sensoren tragen ebenfalls dazu bei, dass das Flugzeug immer auf Kurs bleibt”, entwarnt der Experte. Für die Passagiere können Turbulenzen aber im Innenraum zur Gefahr werden. „Wenn etwas passiert, dann immer deshalb, weil die Fluggäste die Anschnallzeichen ignorieren oder trotz Anweisung des Kabinenpersonals aufstehen, um etwas in den Gepäckfächern zu suchen. Dabei herausfallende Gepäckstücke können bei Turbulenzen zu Geschossen werden und andere Passagiere verletzen”, so Jensen.

Wie reagiert man am besten bei Flugturbulenzen?

„Anschnallzeichen werden in der Regel vom Cockpit aus aktiviert. Warum? Sensoren und Messgeräte warnen die Piloten vor möglich einsetzenden Turbulenzen. Die Leuchten über den Sitzen sind also nichts anderes als Turbulenz-warner und sollten daher immer beachtet werden”, erklärt Jensen. „Wer angeschnallt im Flieger sitzt, braucht keine Angst davor zu haben, sich durch das plötzliche Abfallen des Flugzeuges am Kopf zu verletzen”. Grundsätzlich rät er, in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren. „Das Phänomen dauert in den meisten Fällen nur eine kurze Zeit”, so Jensen. Ähnlich wie im Seeverkehr bekommen Flugzeugpiloten ständig aktuelle Wetterdaten zugeschickt. „Gewitter oder Gebiete mit starken Luftströmungen werden somit umflogen”.

Passagieren mit Flugangst oder mit schwachen Nerven rät Jensen, sich stets einen Sitzplatz in der Mitte oder zumindest in der vorderen Hälfte zu buchen. „Dort sind Turbulenzen am wenigsten spürbar, am hinteren Ende dagegen am meisten”.

Kann man Turbulenzen vorhersagen?

„Dank globalem Klimadatenabgleich lassen sich Flugturbulenzen heutzutage sehr gut vorhersagen”, erklärt Reiner Jensen. Mehrere Smartphone-Apps wie „Flying Calmly” oder „Turbli” geben mittlerweile in Echtzeit darüber Auskunft, wann und wo Turbulenzen auf einer zuvor eingegeben Route zu erwarten sind. Dabei zeigt die Web-App nicht nur einfach die Stellen, an denen gerade Turbulenzen herrschen, sondern bietet sogar noch eine Live-Karte, um auch den richtigen Flug zu finden. Außerdem kann man mithilfe der verschiedenen Filter unter anderem die Höhe, die Flugnummer sowie den richtigen Flughafen angeben.

Der einzige Nachteil: Sobald man im Flugzeug sitzt, kann man durch den Flugmodus nicht mehr auf die Website zugreifen und muss somit vor dem Start die Turbulenzen checken. Dies ist allerdings kein Problem, da die App diese bis zu zwölf Stunden im Voraus anzeigt. (ajo)