Nur ein kleiner Umweg ist es nach Carcassonne, das mit seinen Touristenmassen an Mallorca erinnert. | Jonas Martiny

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Ausgerechnet an diesem Weihnachtsfest sind die Ticketpreise nach Düsseldorf im Keller. Gerade einmal 70 Euro hätten Hin- und Rückflug gekostet. Fähre, Mietwagen, Autobahnmaut, Hotelübernachtungen und sechs Tankfüllungen dagegen summieren sich am Ende auf mehr als 1000 Euro. Und auch die Zeit spricht fürs Fliegen: Mallorca-Bochum, von Tür zu Tür, das geht normalerweise in fünf Stunden. Diesmal sind es drei Tage. Drei Tage allerdings voller bleibender Erinnerungen. Während jeder Flug schon am nächsten Tag wieder vergessen ist, bringt so eine Reise auf dem See- und Landweg eine Fülle neuer Eindrücke und Erlebnisse mit sich.

Der Wind peitscht übers Meer und lässt das Schiff gehörig hin und her schwanken. Ganz allmählich taucht Barcelonas Skyline aus der Dunkelheit auf. Am nächsten Morgen die schneebedeckten Pyrenäen in der Ferne. Davor wild wachsende Zypressen am Rand der Autobahn. Hinter Avignon endet die mediterrane Landschaft, abgelöst vom Rhone-Tal mit seinen Burgen, Dörfern und Weinbergen. Ab Luxemburg dann: stundenlanger Dauerregen. Scheibenwischer auf höchster Stufe. Und was zum Teufel bedeutet diese gelbe Warnleuchte neben dem Tacho? Von der Rückbank alle paar Minuten die Frage: „Wann sind wir dahaa?”

Es gäbe so viel zu sehen am Wegesrand. Perpignan etwa, den einstigen Herrschersitz des Königreichs Mallorca, Carcassonne mit seiner berühmten Festung, oder die Provence. Allein, auf dieser Hinfahrt geht es nur ums rasche Ankommen. Und so ist auch keine Zeit für Sightseeing in Montpellier und Lyon. Auch Dijon bleibt nur eine dunkle Stadt mit unwirtlichem Gewerbegebiet und autobahnnahem Ein-Sterne-Hotel, in dem noch ein Zimmer frei ist. Nein, charmant ist es hier ebensowenig, wie auf den zahllosen, immergleichen Raststätten am Weg. Zumindest ist der Kaffee dort meist gut und die Toiletten sind sauber.

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Zum Highlight der Reise wird der nächtliche Besuch im Halal-Imbiss „707 Tacos” in einem tristen Randbezirk des kleinen Städtchens Vienne, das über ganz besonders gut erhaltene römische Bauwerke verfügen soll, wie im Internet nachzulesen ist. Der freundliche Wirt in dem Lokal, in dem sonst wohl nur Stammkunden einkehren, tischt trotz später Stunde noch Cheeseburger mit Pommes auf und freut sich, seine Deutschkenntnisse vorführen zu können. Am Ende bittet er um eine nette Bewertung bei Google. Die bekommt er.

Wer so viele Kilometer quer durch Europa am Steuer sitzt, der merkt unweigerlich, wie unterschiedlich die Leute in den verschiedenen Ländern Auto fahren. Nach 1000 zivilisierten Kilometern Frankreich macht sich, kaum in Deutschland angekommen, gleich der erste Raser mit Lichthupe bemerkbar, weil es ihm – nachts und bei strömendem Regen – in einer unübersichtlich inmitten einer Baustelle gelegenen Ausfahrt nicht schnell genug voran geht.

Auch auf dem Rückweg, an der ersten spanischen Tankstelle nach der französischen Grenze, bestätigt sich sogleich ein Klischee. An sämtlichen Tanksäulen warten mehrere Autos, nur an einer nicht. Dort sind die Zapfhähne nämlich mit der Aufschrift gekennzeichnet: „Außer Betrieb.” Plötzlich nähert sich zielsicher ein roter Kleinwagen. Der Fahrer steigt aus und ohne zu zögern füllt er seinen Tank aus einem der Zapfhähne, die doch angeblich außer Betrieb sind. Als er vom Zahlen zurückkommt gibt er augenzwinkernd zu, dass der Tankwart seinen Stammkunden auf diese Weise lange Wartezeiten ersparen möchte.