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Ein Jahr ist es her, da geisterten Meldungen durch den deutschen Blätterwald: Den Besitzern von Auslandsimmobilien gehe es an den Kragen. Die internationale Zusammenarbeit von Steuerfahndern in der EU habe sich verbessert, eine organisierte Suche nach Schwarzgeld und unversteuerten Firmengewinnen habe begonnen.

Bestätigt haben sich diese Meldungen bislang nicht. Aber sicher ist: Die gesetzlichen Grundlagen für die Kooperation der Finanzbehörden in der EU haben sich verbessert, und es gibt einen Austausch von Daten zwischen Spanien und Deutschland.

Bei Fragen nach Herkunft, Art und Umfang geben sich die Fahner aber zugeknöpft. „Wir haben in letzter Zeit Material bekommen, das wird ausgewertet. Über genaue Herkunft und Umfang der Daten sowie die Art der Zusammenarbeit können wir aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen”, so Kai-Uwe Hübner, Sprecher der Finanzbehörde in Hamburg.

Auch Berater warnen mittlerweile ihre Klienten, das Problem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Für viele schlummert da eine Zeitbombe”, versichert Saskia Bonenberger, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei Rödl & Partner, der internationalen Steuerberatungskanzlei aus Nürnberg. „Auch bei Kapitaleinkünften und Banken haben viele lange geglaubt, es kann nichts passieren.” Es gebe in Deutschland eine zunehmende Zahl von Verfahren gegen Besitzer spanischer Immobilien, unbestätigten Gerüchten zufolge seien Daten gleich kistenweise von der spanischen Hacienda übermittelt worden, weiß die Steuerberaterin. Noch immer, so die Erfahrung von Bonenberger, „denken viele, dass die Besteuerung an der Grenze ein Ende hat. Das hat sich bei europäischen Finanzbehörden aber schon seit einigen Jahren geändert.” Bestätigt wird das von Ulrich Lemmer, Vorsteher des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Düsseldorf: „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Niederlanden etwa ist schon lange bei uns üblich. Die sprachliche Grenze ist oft nicht das Problem. Viel wird durch Bankbewegungen aufgedeckt.” Es sei gefährlich, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung aufzumachen, sagt Steuerberaterin Bonenberger. Schließlich kann es dumm laufen, wie ein unlängst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) geschilderter Fall zeigt: Eine Familie urlaubt auf Mallorca in einer gemieteten Finca und plaudert mit dem Besitzer des Nachbarhauses über den zu zahlenden Preis. Wenig später erhält der Vermieter Post von seinem Finanzamt. Darin wird er aufgefordert, zu seinen auch in Deutschland Einkommensteuer pflichtigen Einkünften aus Spanien Stellung zu nehmen. Hintergrund: Der neidische Nachbar hatte ihn angeschwärzt. „Wenn uns ein solcher Verdacht gemeldet wird, dann müssen wir dem auch nachgehen”, sagt Ulrich Lemmer. „Aber niemand kann uns zwingen, ein Verfahren einzuleiten.” Ein kleiner Fisch, zugegeben, und wohl auch ein ziemlich seltener Fall. Häufiger, und mit größeren Beträgen verbunden sind da schon Fälle von hinterzogener Umsatzsteuer und Einkommensteuer aus Immobiliengeschäften. Da sind es Freiberufler, die Aufträge auf Mallorca abwickeln, oder Finca-Besitzer, die das Haus mit Geld aus ihren Firmen bezahlen. „Eine Gewinnentnahme aus einer S.L. für Immobilienbesitz ist eine verdeckte Gewinn-Ausschüttung, für die in Deutschland Einkommensteuer fällig wird. Theoretisch gibt es das gleiche Problem in Spanien”, erklärt Saskia Bonenberger. „Und wenn über ein Gesellschaft verkauft wird, gehört das Kapital in die Gesellschaft.” Viel Aufwand muss und musste in der Vergangenheit getrieben werden, um den großen und kleinen Steuersünden auf die Spur zu kommen. „Wir müssen über das Bundesamt für Finanzen einen Antrag auf Amtshilfe stellen. Das kann dann dauern”, sagt Ulrich Lemmer. Allerdings gebe es bei den EU-Gesetzen ständig Verbesserungen. Bei der Umsatzsteuer können die Fahnder auf eine europaweite Datei zugreifen, „hier ist eine verstärkte Zusammenarbeit vorgeschrieben”, sagt Ulrich Lemmer.

Auf eine Auskunftsklausel im Doppelbesteuerungs-Abkommen zwischen Deutschland und Spanien weist Saskia Bonenberger hin. Oft treten Steuersünden hüben wie drüben bei Betriebsprüfungen zu Tage. Das kann dann sogenannte „Spontanauskünfte” nach sich ziehen. Will heißen: Die spanische Hacienda gibt Daten an die deutschen Kollegen weiter. „Bei Firmen im Immobilienbereich haben in den vergangenen anderthalb Jahren die Prüfungen zugenommen”, sagt Ursula Müller-Breitkreutz, die Vertreterin von Rödl & Partner auf Mallorca. Möglicherweise werden Daten von Kunden, die auf Mallorca Besitz erwarben, weitergereicht. Nach dem novellierten Amtshilfe-Gesetz können deutsche Beamte nun auch bei Betriebsprüfungen in Deutschland dabei sein – und umgekehrt.

Über den Umfang möglicher Steuerdaten-Transfers von Mallorca nach Deutschland gibt allerdings auch die spanische Hacienda keine Informationen heraus. „Überprüfung und Fahndung werden aus Madrid gesteuert. Dort wird jährlich festgelegt, bei welchen Berufsgruppen oder Personenkreisen es Untersuchungen gibt. Bei Ausländern wird von Fall zu Fall entschieden, ob die Daten weitergegeben werden”, sagt Ignacio Fernández Alegria, der Leiter der balearischen Finanzbehörde. Fest steht: Seit 1997 gibt es bei der Hacienda eine Arbeitsgruppe für Internationale Beziehungen, 1998 wurde in Madrid die „Nationale Abteilung für Steuerbetrug” geschaffen – sie hat seither Tausende von Verfahren mit Beteiligung anderer EU-Staaten eingeleitet.

Was können Betroffene tun, die vorsätzlich oder aus Unwissenheit ihrer Steuerpflicht nicht nachgekommen sind? „Jeder hat natürlich die Möglichkeit, einem Verfahren durch Selbstanzeige zuvorzukommen”, sagt Kai-Uwe Hübner. Das sei vielfach auch die preiswertere Lösung, betont Steuerberaterin Bonenberger: „Rechtlich gesehen geht es um die letzten zehn Jahre. Bei fälligen Nachzahlungen plus Zinsen ist das schnell das fünffache des Steuerbetrages.” Bei nicht deklarierten Entnahmen aus deutschen Unternehmen droht überdies der Konflikt mit dem Strafrecht. Faustregel: Ab einer Buße von 100.000 Euro oder über 90 Tagessätzen gilt der Steuersünder als vorbestraft. Stichwort Selbstanzeige: Ist die Tat entdeckt, der Betriebsprüfer bereits vor der Tür oder ein Verfahren eingeleitet, ist es dafür zu spät.

Vor dem Hintergrund der verstärkten Zusammenarbeit gegen den internationalen Terrorismus können verschärfte Geldwäsche-Gesetze auch Steuersündern künftig das Leben erschweren. Weil Transaktionen größeren Stils prompt gemeldet werden und weil auch darüber nachgedacht wird, eine Auskunftspflicht bei Schwarzgeldverdacht auch für Anwälte und Steuerberater einzuführen. „Wenn das als Gesetz in Kraft tritt, gibt es ein echtes Problem”, sagt Saskia Bonenberger. Für den Klienten, der sich nicht mehr auf ein Beratungsgeheimnis verlassen kann, und den Berater, der seine Honorar schließlich nicht aus Schwarzgeldbeständen kassieren darf.

Quintessenz: Die Zusammenarbeit zwischen deutschen und spanischen Behörden wurde verstärkt und wird sich wohl weiter intensivieren. Wobei es bisher wohl mehr punktuelle Aktionen als flächendeckende Überprüfungen gegeben hat. Von organisierter Verfahren gegen Mitglieder sei „nichts bekannt”, heißt es auch bei der Deutschen und Schweizerischen Schutzgemeinschaft für Auslandsgrundbesitz e.V.: „Das ist wohl nur die übliche Angstmacherei.”