Eloy Pardo, Banker und Rockmusiker in Palma de Mallorca.

TW
0

Die Spinnweben, wie er es selbstironisch nennt, hat er inzwischen kräftig von seinen Händen abgeschüttelt. Diese hatten viele Jahre Zeit, sich zwischen den Fingern anzusiedeln, während er als erfolgreicher Banker in gehobener Position Karriere machte. Eloy Pardo aus Barcelona mischte in der Welt des großen Geldes mit, und zwar ganz oben.

Grundsätzlich verschaffte ihm sein Job in der Bank große Befriedigung. Er reiste viel, war ständig unterwegs, die Arbeitstage dauerten zwölf bis 15 Stunden. Freizeit gab es kaum. Doch irgendwann kam der Moment, an dem er spürte: Es reicht nicht. Und als er dann diese wunderbare Gitarre im Schaufenster eines Ladens entdeckte, zögerte er nicht lange. "Ganze 15 Sekunden lang", sagt er heute lachend.

Er fing wieder an Unterricht zu nehmen. Wurde besser und besser, bis sein Gitarrenlehrer sagte: Du musst raus und spielen. Er lernte andere Musiker kennen und wagte sich in die Welt der Clubs und Bühnen. Die ersten Schritte führten nicht ins ausverkaufte Auditorium in Palma. Bescheidenheit war angesagt. Die Bar war düster, die Gäste spärlich, aber was er im Überfluss hatte, war die Lust am Spielen. Still Morris war geboren - sein Alter Ego.

Morgens Krawatte und Anzug, abends Converse-Turnschuhe und "Edel-Gammel-Look" - geht das überhaupt? Am Anfang sei der Wechsel vom erfolgreichen Banker am Tag und dem Rockmusiker am Abend krass gewesen. "Das war, als würde ich mir morgens den Banker-Chip einsetzen und abends den des Musikers." Inzwischen verschwimmen die Grenzen und die freie, zufriedene Seite von Still Morris wagt sich in den Charakter des Eloy Pardo, des Bankers. Das kommt nicht bei allen gut an. "Es gab Kollegen, die sich von mir distanziert haben. Die fanden, ein Banker, der jetzt ,einen auf Rockstar macht´, das könne nicht seriös sein." Viele andere dagegen lobten diesen Schritt. Er selbst sieht nur Positives. "Ich bin glücklicher und zufriedener." Er geht noch weiter und sagt: "Sogar ein besserer Mensch." Die Welt der Banken sieht er kritisch. Die Jahre zwischen 1997 und 2008, der wirtschaftliche Boom oder die Blase, da habe es nie genug sein können. "Man musste immer mehr leisten, mehr geben", sagt der Mann mit der legeren Jeansjacke heute.

Er ist überzeugt: "Wir brauchen einen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wechsel." Doch diesen in einer leistungsorientierten Gesellschaft umzusetzen sei schwierig. Es gebe inzwischen auch einige Leistungsträger, die einen anderen Ansatz verfolgten, aber die hätten es schwer.

Seine Revolution ist eher privat. Mit der Musik hat er sein Leben umgekrempelt, neue Energie durchflutet ihn, nicht nur bei den Auftritten. Sein Rock ist klassisch, eingängig, beeinflusst von Bob Dylan und den Rolling Stones. Er singt auf Englisch und neuerdings auch auf Katalanisch, seiner Muttersprache.

Jetzt hat er noch ein Buch geschrieben. "Das war nicht meine Idee", betont er. Der Verlag sei auf ihn zugekommen. "200 Seiten füllen, das kann ich nicht", zweifelte er am Anfang. Mit dem Ergebnis ist er aber sehr zufrieden. "Ich habe es schon zehnmal gelesen", gibt er zu, ohne dass es überheblich klingt. "Das bin ich, der da aus den Seiten spricht." Das Feedback vieler Leser sei positiv, wahrscheinlich weil es eine menschliche Geschichte sei, mutmaßt er. Mit seiner Geschichte zu missionieren liege ihm fern. Eher möchte er an-stupsen und zeigen: Man kann etwas ändern, auch noch mit 50 Jahren.

Bank und Band, das geht für ihn sehr gut zusammen. Und für Adrenalinschübe sorgen beide Welten. Wobei: Den Adrenalinstoß, den er bei einem gefüllten Saal und jubelnden Zuschauern verspürt, das sei einmalig und unvergleichbar.

Am 28. November spielt Still Morris im La Movida (C/. Albo s/n, Son Rapinya). Das Buch "Cambio de Ritmo. De la banca al rock, de la cabeza al corazón", ist bei Plataforma Testimonio erschienen (18 Euro).

Video:


(aus MM 46/2014)