So sieht Bärin "Tramuntana" heute aus. Sie hat keinerlei Erinnerung an ihre Ziehmutter und würde sie sofort angreifen. | Reserva Park

TW
0

Kaum vorstellbar, dass diese zwei Bären einmal so klein, tapsig und zahm waren und wie Teddybären aussahen.Die MM-Reporterin vergleicht die Kinderfotos der weiblichen Braunbärin „Tramuntana” mit ihrer heutigen Statur. Die Bärin ist mittlerweile 27 Jahre alt, ausgewachsenen und bringt 100 Kilo auf die Waage. Sie steht einen Meter entfernt auf zwei Beinen und starrt die Reporterin ohne zu blinzeln an. Dann leckt sie sich grummelnd mit der Zunge über die Lippen. Sie streckt die riesige Tatze durch den Zaun und sucht gezielt nach Möglichkeiten, wie sie diesen menschlichen Snack zwischen die Krallen bekommen könnte. Ihr 150 Kilo schwerer Bruder „Xaloc” hingegen interessiert sich kaum für den Besuch vorm Gehege und lässt sich genüsslich die Sonne auf den Bauch scheinen.

Aber wie kamen die Bären denn eigentlich nach Mallorca? 1996 entschied Juana Pujol mit ihrem Mann sowie dem damaligen Direktor des Reserva Parks Luis Jiménez, drei Bärenwelpen aus einem Tierpark in Asturien zu adoptieren. Aus Platzmangel sollten die Bären dort eingeschläfert werden. Das wollte die tierliebe Truppe aus Mallorca aber nicht zulassen und entschied sich für eine Aufnahme im Reserva Park. „Es war nicht einfach, drei Braunbären nach Mallorca umzusiedeln”, sagt Pujol. „Es waren noch ganz kleine Babys, die wir nicht einfach in den Park setzen und sich selbst überlassen konnten.”

Joana Pujol erzählt, wie sie die Pelzbrüder ganz selbstverständlich bei sich Zuhause aufzog und sich rund um die Uhr um sie kümmerte. „Das gesamte Untergeschoss meines Hauses in Son Serralta war nur für sie bestimmt.” Auch den Garten versah sie mit Klettermöglichkeiten, großer Waschschüssel und Wippen. So konnten die Bären sich den ganzen Tag austoben. Sie hatten sogar einen Teddy. „Die ersten fünf Monate musste ich sie mit der Hand aufziehen. Jeder bekam täglich drei große Fläschchen mit Babymilch aus Milchpulver”, erinnert sich die Bärenmutter.

Ähnliche Nachrichten

Als sie fünf Monate alt waren, wurde damit begonnen, sie mittags täglich in ein Gehege im Reserva Park zu bringen, um sie an ihr zukünftiges Leben zu gewöhnen. Jeden Abend mussten sie zurück ins Haus, denn um 12 Uhr nachts war ihr drittes Fläschchen fällig. Im Park gefiel es den Jungbären so gut, dass sie sich nur mit ihrer Lieblingsmahlzeit Honig einfangen ließen. Nach diesen wenigen Stunden der Trennung erkannten sie Pujol nicht mehr, wussten nur noch, wo sie den Honig versteckt hielt. „Das raue, struppige Fell und die langen Krallen verrieten sofort, dass es sich um wilde, unzähmbare Tiere – und nicht um Haustiere – handelte. Obwohl ich mich den ganzen Tag um sie kümmerte, mit ihnen spielte und sie sogar an meinem Daumen lutschten, war ich schnell vergessen. Nun bin ich nicht mehr als eine potenzielle Mahlzeit für sie”, stellt Juana fest. Mit acht Monaten wurden sie ganz umgesiedelt und bekamen ein größeres Gehege.

Direktor Llorenç Crespo in sicherem Abstand zum Gehege, um nicht als Bärensnack zu enden.
Direktor Llorenç Crespo in sicherem Abstand zum Gehege, um nicht als Bärensnack zu enden.

Heute verputzen beide täglich 40 Kilo Obst und Gemüse. Parkdirektor Crespo verrät, dass sie einmal die Woche Fleisch bekämen, da ihr Bedarf in Gefangenschaft geringer sei und sie zu viel Fleisch aggressiv mache. Unterstützung bekommt der Park lediglich vom Kaufhaus Corte Inglés mit täglichen Lebensmittellieferungen. Trotz des kleinen Geheges, hätten die Geschwister ein schönes Leben und einen Pool, in dem sie sich im Sommer aalen könnten. Bärenbruder „Gregal” starb im Jahr 2000 an Arthrose. Das hohe Lebensalter der anderen Geschwister sei jedoch ein Zeichen guter Gesundheit. Laut Crespo leben Bären höchstens 25 Jahre in freier Wildbahn.

Trotzdem lässt es sich Pujol nicht nehmen, ihre einstigen Zöglinge zu besuchen. Etwas wehmütig schaut Joana auf die Bären, die keine Notiz von ihr nehmen und betont: „Ich würde es jederzeit wieder machen. Diese Erfahrung möchte ich um nichts in der Welt missen.”