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Dass die Konzerte auf Schloss Bellver längst nicht mehr nur eine sommerliche Aboverlängerung der lokalen Sinfoniker sind, sondern ein Festival von internationalem Zuschnitt, wurde beim gestrigen Konzert wieder einmal aufs Schönste deutlich. Man kann diese Konzerte mittlerweile durchaus auf eine Stufe mit deutschen Pendants, etwa Klassik am Odeonsplatz, auf eine Stufe stellen. Ausnahmekünstler wie Khatia Buniatishvili oder Jan Lisiecki waren in den vergangenen Jahren zu Gast. - Zur Sternstunde machte den gestrigen Abend der österreichische Cellist (mit iranischen Wurzeln) Kian Soltani, mit 31 Jahren aufsteigender Star am Klassikhimmel, der bereits mit Orchestern wie den Wiener Philharmonikern oder der Staatskapelle Berlin konzertiert hat. Die renommierte Fachzeitschrift Gramophone attestiert ihm „absolute Perfektion“, das Magazin „Klassik Akzente“ bezeichnet sein Interpretationskunst als „sanglich, berührend und virtuos“. Pablo Mielgo nannte ihn in seiner Einführung einen der charismatischsten und bedeutendsten Cellisten der jüngeren Generation“.

Das wäre gar nicht nötig gewesen, denn bereits mit den ersten Tönen im Cellokonzert von Robert Schumann gab er jedem, der Ohren hatte zu hören, das Versprechen eines großen Abends, das er in der folgenden halben Stunde beglückend einlöste. Sensibel und hingebungsvoll gestaltete er mit seinem warmen, satten Grundton voll emotionaler Tiefe die sanglichen Passagen des farbenfrohen Schumann’schen Klangkosmos. Die virtuosen Sprünge, Läufe und Doppelgriffe meisterte er mit brillanter Wendigkeit, ohne je seine überragende Technik als Selbstzweck in den Vordergrund zu stellen. Die Spielfreude, die er dabei ausstrahlte, wirkte ansteckend und wurde vom Publikum mit frenetischem Beifall belohnt. Der galt natürlich auch den Sinfonikern, die unter ihrem Chef Pablo Mielgo die ganze Palette der Partitur klangschön ausspielten. – Die erste Zugabe spielte Soltani zusammen mit dem Orchester: das zweite der Fünf Stücke im Volkston von Schumann, ursprünglich für Cello und Klavier, in einem neuen Arrangement für Cello und Streichorchester. Hier konnte er, vielleicht noch mehr als im Hauptwerk, die fast unglaubliche Kantabilität seines Spiels vorführen. Als zweite Zugabe dann eine Eigenkomposition, einen Persischen Feuertanz, Referenz an seine iranischen Wurzeln. – Sie können das Schumannkonzert mit Soltani bei YouTube noch einmal nacherleben. Dort spielt er es unter der Leitung von Christoph Eschenbach. Und vielleicht stellen Sie sich dann auch die Frage, warum Konzerte wie das gestrige nicht aufgezeichnet und der Weltöffentlichkeitzugänglich gemacht werden. Verdient hätten sie es.

Wie man Beethovens revolutionär-furiosen Impetus mit opulenter Klangpracht und trotzdem transparent darstellen kann, führte Pablo Mielgo nach der Pause anhand der Sinfonie Nr.7 in A-dur vor. Stellvertretend für viele beeindruckende Höhepunkte möchte ich den Beginn des zweiten Satzes erwähnen. Wie hier die orchestrale Steigerung aufgebaut wurde, überzeugte: piano aus der Tiefe kommend, zunächst nur von Bratschen und Celli gespielt, entwickelte sich das Trauermarsch-Thema (siehe meine Einführung) nach und nach. Die zweiten Geigen kamen hinzu, schließlich die ersten und die Holzbläser, bis der Satz in eine verzweigte Polyphonie überging. Nicht nur die überragende Qualität der Streicher, sondern auch die ausgetüftelte Dramaturgie des Dirigenten wurde hörbar. Dem Publikum entging kein Teil der sinfonischen Entwicklung, die ja gerade für Beethoven charakteristisch ist. Trotz der hohen Temperaturen leitete Mielgo das Orchester mit Ganzkörpereinsatz durch die komplexe Partitur: mitreißender kann man das kaum machen. – Von Mielgos Interpretation der Siebenten gibt es eine Aufnahme, die Sie bei den einschlägigen Streaming-Diensten (Amazon, Tidal etc.) abrufen können. Hier als Kostprobe der 1.Satz auf YouTube. – Nächste Woche (20.07.) schwingt Joji Hattori den Taktstock. Unter seiner Leitung wird Hyung-Ki Jo das G-dur-Klavierkonzert von Maurice Ravel spielen. Außerdem stehen stehen Ravels berühmte Pavane und sinfonische Werke von Turina und Chabrier auf dem Programm. Auch dieses Konzert ist bereits ausverkauft.