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Wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes geschieht, hat Spanien am Samstag wieder eine gewählte Regierung. Die fast einjährige Hängepartie geht endlich zu Ende. Möglich wird das durch die Palastrevolte der Sozialisten, die dem Nein-Sager Pedro Sánchez das Vorsitzendenamt gekostet hat. Die PSOE will sich, mit Ausnahme einiger Abtrünniger, bei der Parlaments-Abstimmung am Samstag der Stimme enthalten und so Ministerpräsident Mariano Rajoy erneut ins Regierungsamt hieven. Eine für die Sozialisten schwere Entscheidung, aber eine längst überfällige. Schon lange ist klar, dass ein alternatives Bündnis von Linken und Separatisten nicht zustande kommt. Und dass auch Rajoy ohne die PSOE keine Chance hat. Es war ein Fehler von Sánchez, die Regierungsbildung zu blockieren. Er hatte es in der Hand, Rajoy weitreichende Zugeständnisse abzuringen, etwa in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Vielleicht wäre es sogar möglich gewesen, einen Zeitpunkt für den Abschied Rajoys aushandeln. Aber Sánchez hat nicht verhandelt, er hat nur "Nein bleibt nein" gesagt. Jetzt stehen die Sozialisten mit leeren Händen da. Und vor einem internen Scherbenhaufen. Wobei es nicht um Parteien und Personen geht, sondern um das Land. Ein echtes Bündnis, sagen wir ruhig: eine große Koalition, hätte Spanien in ruhigeres Fahrwasser geleiten können, als das jetzt zu erwarten ist. Denn die PSOE will sich zwar enthalten, dann aber Oppositionspolitik machen. Das lässt nichts Gutes erwarten. Alle reden über die Regierungsbildung. Dabei ist sie nur ein erster Schritt. Wichtiger wird sein, echte Regierungsarbeit zu leisten, etwa den Haushalt zu verabschieden. Dafür müssen weitere Schritte folgen: vonseiten Rajoys, der endlich lernen muss, Kompromisse zu schließen und das Thema Korruption ernst zu nehmen. Aber aber auch vonseiten der PSOE, die nicht einfach auf ihren Positionen beharren kann. Noch sieht es nicht danach aus, dass die Parteien wirklich aufeinander zugehen wollten. Hoffentlich täuschen wir uns. Autor: Bernd Jogalla