Mallorcas Rekorde liegen meist im Bereich des
Tourismus. Aber die Insel hat auch einen Rekord auf kulturellem
Gebiet zu vermelden. Es gibt 106 historische Orgeln, 28 davon in
Palma, 78 außerhalb der Stadt, in der „part forana”. Zählt man die
Orgeln neueren „Baujahres” hinzu, kommt man auf die erstaunliche
Zahl von 125 Orgeln.
Die mallorquinische Orgeltradition ist alt. Zum ersten Mal ist
eine Orgel aus dem Jahre 1313 erwähnt, die sich in der Kapelle des
Almudaina-Palastes befand. Aus Pollença wird von einer Orgel aus
dem Jahr 1391 berichtet. Sie gehörte einem Herrn des Klerus, dem
Monseñor Ferrer.
Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts ertönten überall auf der
Insel neue Orgeln. Das älteste Instrument ist die Orgel in der
Kathedrale zu Palma, die Jaume Febrer (1445 bis 1491) schuf. Etwas
jünger ist die Orgel in der Kirche von Sant Francesc, die Narcís
Miquel de Sardanya um 1520 zum Klingen brachte.
Ein regelrechter Orgelboom brach im 18. Jahrhundert an und
setzte sich bis ins 19. Jahrhundert und die Gegenwart fort.
Zahlreiche Orgelbauer-Familien wirkten in Palma und in der „part
forana”. Unter ihnen ragen die Familien Caimari und Bosch besonders
hervor, denen zahlreiche Orgeln zu verdanken sind.
Einer der namhaftesten Orgelbauern Spaniens war Jordi Bosch de
Verí (geb. 1737 in Palma), der von König Karl III. zum Königlichen
Orgelbauer ernannt wurde. Er baute die Orgeln im Königlichen Palast
zu Madrid und die (nicht mehr existierende) in der Kathedrale von
Sevilla.
Auf Mallorca hinterließ er in der Pfarrkirche Sant Andreu
Apóstol sein Meisterwerk: eine der kostbarsten Orgeln Europas. Sie
erklang 1767 zum ersten Mal. Eines ihrer Wunder sind die 25-fachen
Mixturen, Klangmischungen verschiedener Register.
Eine Weile streikte der barocke Mechanismus, konnte aber nach
tatkräftiger Restaurierung 1987 wieder flottgemacht werden. Das ist
dem deutschen „Orgelpastor”, Dietrich Hillebrand zu verdanken, der
zu diesem Zweck mit seinen Orgelfreunden mehr als eine Million
Pesetas (6000 Euro) in den Klingelbeutel brachte.
Um auch andere Orgeln der Insel zu restaurieren, rief Pastor
Hillebrand mit der Diözese Palma die „Woche der historischen
Orgeln” ins Leben. Die Konzerte in verschiedenen Kirchen der Insel,
sowohl in Palma als auch im Umland, sind ein fester Bestandtteil
des kulturellen Lebens der Insel geworden.
Heute gibt es auf der Insel noch einen einzigen, professionellen
Orgelbauer: Pere Reynes aus Campanet hat sein Handwerk in Barcelona
bei Gabriel Blanquefort gelernt. Er restauriert seit knapp zwanzig
Jahren, weiß, dass weder Behörden noch Kirchen jemals ausreichend
Geld für die Restaurierungen zur Verfügung gestellt haben. Er
verfügt über profunde Kenntnisse, sowohl als Musiker als auch als
Schreiner.
Die Grundmaterialien sind Eisen, Holz, Zinn und Messing. Eine
Kirchenorgel zum Beispiel kann aus rund 54.000 Rohren bestehen.
Jedes kann einen anderen Ton hervorbringen, je nach Länge oder
Frequenz. Keine Orgel gleicht einer anderen, jede hat ihre eigene
Persönlichkeit.
Das Geschäft für Orgelbauer ist in ganz Spanien schlecht. Die
Rohre und Pfeifen zum Beispiel müssen immer aus Deutschland,
England oder Frankreich importiert werden. In Spanien gibt es
niemanden, der sich zur Herstellung bereit– erklärt. Das Kernstück
einer Orgel, der „Secret” (der Teil mit vielen Löchern und
Dichtungen, durch die die Luft fließt), ist nur von Meistern
herzustellen.
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