Bei allem Widerwillen vor Sensationsjournalismus: Hut ab! Da hat
die bekannteste deutsche Boulevardzeitung am Mittwoch mal wieder
eine geniale Schlagzeile gedichtet: „Die Malle-Qualle” reimt sich
so schön, das muss einem erst einmal einfallen. Aber wie so oft im
Blätter-Dschungel aus Sex, Crime und vermeintlicher Lebenshilfe
entpuppt sich auch diese Horror-Story bei genauerem Hinsehen als
ausgewachsene Sommerloch-Ente. Da werden Halbwahrheiten mit
Unwahrheiten und pseudowissenschaftlichen Fakten munter in einen
Topf geschmissen. Dabei wäre es schade, wenn sich die
schlechtwettergeplagten Menschen in Deutschland durch die
Quallenplage von ihrem wohlverdienten Urlaub abhalten lassen
würden.
Nun ist es nicht so, dass diese Zeitung nicht auch schon
mehrfach über das Quallenproblem im Balearengewässer berichtet
hätte. Denn es gibt dieses Phänomen wirklich: In den vergangenen
Jahren haben Umweltschützer und Wissenschaftler immer wieder vor
der Zunahme der Glibbertiere – allerdings im gesamten
Mittelmeerraum! – gewarnt. Und im vergangenen Sommer war es vor
allem an den Küsten des spanischen Festlandes ziemlich schlimm für
die Badeorte. Doch von einer „Angst am Quallermann” und
geschlossenen Stränden auf Mallorca kann in diesem Sommer
jedenfalls bislang keine Rede sein (siehe S. 2). Und für alle Fälle
tun Touristengemeinden wie Calvià bereits ihr Möglichstes, um
Badegäste vor den giftigen Tierchen zu schützen.
Entwarnung ist aber genauso fehl am Platz wie Hysterie: Das
gehäufte Auftreten der ätzenden Nesseltiere ist die Quittung der
Natur für den jahrzehntelangen Raubbau in den Fischgründen, für
Umweltsauereien und die alltägliche Verschmutzung der Meere. Es ist
anzunehmen, dass der Feind auch in Zukunft mitschwimmt (ich
empfehle eine Schwimmbrille, um ihn zu erkennen!). Aber genau wie
beim Klimawandel haben wir es noch immer in der Hand, das ätzende
Übel mit gequallten Kräften an der Wurzel zu packen – oder sind wir
dazu schon zu durchgequallt?
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