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In ganz Spanien gibt es etwa 40.000 Mobilfunk-Antennen. Rund 1300 davon senden auf den Balearen. Längst kommt auf jeden Bürger ein Handy, die Rate liegt sogar noch etwas darüber. Dennoch hat die Inselgruppe bei den vier spanienweiten Anbietern Movistar, Vodafone, Orange und Yoigo den Ruf, die Region Spaniens zu sein, die am stärksten kontra Mobilfunk eingestellt ist.

Vor einigen Wochen veröffentlichten die Anbieter gar eine „Schwarze Liste” der Gemeinden, die das Aufstellen von Antennen am stärksten behinderten. Manacor, Marratxí, Alcúdia, Sóller, Cuitadella, Maó, Alaior, Eivissa und Santa Eulària stehen darauf – ganz vorneweg Felanitx. Dort hat die Gemeinde kürzlich dafür gesorgt, dass vier Antennen vom Netz geschaltet werden (siehe nächste Seite). Was die Auflistung nicht beinhaltet: Viele der Antennen, darunter auch die in Felanitx, haben weder eine Bau- noch eine Betreiberlizenz. Diese vergibt die Gemeinde. Bei 68 von 352 untersuchten Antennen in Palma war dies laut einer aktuellen Kontrolle im Februar der Fall, davon seien 26 bereits abgeschaltet worden, bei 17 Antennen sei man gerade dabei, dies zu erwirken, heißt es seitens der Stadt.

Die stete Zunahme der Antennen auf der einen und die wachsende Beunruhigung der Bevölkerung, ob die zunehmende Strahlung sich negativ auf den menschlichen Organismus auswirken könnte, auf der anderen Seite: In jüngster Vergangenheit war diese Problematik immer wieder Anlass für Gemeinderatssitzungen.

Seit rund fünf Jahren protestieren immer mehr Anwohner gegen Antennen in der Nachbarschaft, ein Dutzend Bürgerbewegungen gibt es derzeit auf der Insel, die die Gemeinden immer stärker in Zugzwang bringen. Konkrete Handlungen aber werden durch die Splittung der Kompetenzen gehemmt. Javier Rodrigo de Santos, Städtebaubeauftragter der Stadt Palma, betonte im Februar auf Drängen von Bürgerbewegungen hin, man wolle umgehend dafür sorgen, dass alle Antennen ohne Papiere abgeschaltet würden. Ob und inwieweit die Firmen dafür sanktioniert werden sollen, darüber gibt es noch keine Auskunft. Gleichzeitig distanzierte De Santos sich davon, dass dieser Missstand der Stadtverwaltung vorzuwerfen sei – dies seien Versäumnisse der staatlichen Kontrolle für Telekommunikation.

Die spanischen Gemeinden haben wenig Handhabe, solange eine Antenne den Normen entspricht – diese legt die Zentralregierung fest. Allerdings haben sie mehr Mitsprache als etwa in Baden-Württemberg: Dort ist für Antennen unter einer Höhe von zehn Metern keine Zustimmung nötig, Privatpersonen können direkt mit den Anbieterfirmen Verträge abschließen.

Dass viele der Antennen ohne Genehmigung senden, erklärt sich durch den harten Wettbewerb der Mobilfunkanbieter. Seit Anfang der 90er Jahre läuft das Wettrennen der vier Unternehmen, als Erster das gesamte Territorium einzunehmen. Heute sind alle Bereiche mit allen vier Anbietern abgedeckt – aber der Countdown läuft weiter, weil die neue Technik eine engere Netzabdeckung erfordert.

So ist etwa für die UMTS-Technik mit Video-Übertragung und Internetzugang ein Netz von Antennen im Abstand von rund 200 Metern vonnöten. Die Telefonanbieter drängen daher entsprechend auf die Umsetzung der Lizenzen, besetzten Sendeplätze bereits vor der Vergabe und gingen ohne Genehmigung auf Sendung. Gerechtfertigt sehen sie ihr Vorgehen im Service am Kunden.

Geht es nach den Betreibern, wollen sie noch 350 weitere Antennen installieren. Ihre Verteidigung für die fehlenden Lizenzen ist der Gegenangriff: Gemeinden, die Antennen abschalten oder die Installation hinauszögerten, blockierten den Fortschritt, sagen sie. Den wollen sich die Anbieter rund 55 Millionen Euro kosten lassen.