Am besten lässt sich die Insel per Auto erkunden. Darum wollen viele Urlauber nicht auf einen Mietwagen verzichten. | Archiv

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Mehr als 100.000 Mietwagen sollen im vergangenen Sommer auf den Balearen im Einsatz gewesen sein. Zusätzlich zum ohnehin schon großen Fuhrpark der Einheimischen, wohlgemerkt. Dass es angesichts dessen nicht selten zum Gedränge kommt auf Mallorcas Straßen, ist kein Wunder. Selbst Teile der Autovermieter-Branche sprechen sich daher mittlerweile für eine Begrenzung des Angebots aus. „20.000 Mietwagen weniger täten es auch”, sagt Ramón Reus, Vorsitzender des Branchenverbandes Aevab.

Dahingehende Überlegungen gibt es auf Mallorca tatsächlich schon länger. Im Herbst vergangenen Jahres etwa hatte das Balearen-Parlament einem Antrag der Kleinpartei El Pi zugestimmt, demzufolge die Regional-Regierung eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung der Zahl der Mietwagen auf der Insel ausarbeiten sollte. Bereits zuvor hatten die Linksparteien verschiedentlich durchblicken lassen, dass sie durchaus von der Notwendigkeit einer solchen Limitierung überzeugt waren.

Allein, es kam dann nicht mehr dazu: Die Wahl im Mai ging verloren und die neue, konservative Regierung ist derzeit mit anderen, wichtigeren Dingen beschäftigt, als sich auch noch an einen solch heiklen und umstrittenen Eingriff in den freien Markt zu trauen, dessen Legalität obendrein fragwürdig ist. Schließlich meldete die spanische Wettbewerbsbehörde im vergangenen Sommer massive Zweifel an der Mietwagen-Begrenzung an, die der Inselrat von Formentera im Frühjahr beschlossen hatte. Zwar stellte sie die Regelung nicht grundsätzlich in Frage, wohl aber die Methode, mit der die künftig erlaubte Zahl an Mietwagen auf die verschiedenen Anbieter verteilt worden war. Diese basiert auf den Werten aus dem Jahr 2019.

Balearen-Regierung und Mallorcas Inselrat dürften nun also zunächst einmal abwarten, wie dieser Präzedenzfall auf Formentera ausgeht. Zumindest einen ersten Schritt in diese Richtung aber hat der Inselrat bereits unternommen: Eine Studie soll ergeben, wieviele Fahrzeuge tatsächlich im Laufe eines Jahres auf die Insel gelangen. Dazu will der Inselrat auf Daten der Fährunternehmen zurückgreifen. Auf der Grundlage dieser Studie wolle man dann „Korrekturmaßnahmen” ergreifen, und, falls erforderlich, „Regulierungsmechanismen” schaffen, wie Inselratspräsident Llorenç Galmés bei der Präsentation des Vorhabens erklärte. Bis es soweit ist, dürfte allerdings mindestens ein weiteres Jahr vergehen.

Nicht wirklich voran geht es auch bei der Elektrifizierung der Mietwagenflotte auf der Insel, die in der vergangenen Legislaturperiode begonnen worden war. Das balearische Klimawandelgesetz schreibt konkrete Mindestquoten elektrischer Fahrzeuge vor, die die Mietwagenfirmen anschaffen müssen. Im Jahr 2024 liegt diese bei zwölf Prozent. Ramón Reus räumt freimütig ein, dass die Unternehmen diese Vorgabe derzeit nicht erfüllen. Der Grund: Die Infrastruktur auf der Insel sei so schlecht, dass kein Urlauber freiwillig ein Elektro-Auto miete. Die Fahrzeuge stünden daher nur herum, was sich niemand erlauben könne. Immer wieder gibt es Klagen über fehlende oder kaputte Ladesäulen.

Ein Thema, mit dem die Mietwagenbranche auf der Insel seit vielen Jahren kämpft, ist der Verbraucherschutz. Kundenbeschwerden wegen des Geschäftsgebarens verschiedener Anbieter sind häufig (siehe folgende Seite). „Wegen einiger Firmen geben wir da wirklich ein schlechtes Bild ab”, sagt Ramón Reus. Er fordert ein strengeres Vorgehen der Verbraucherschutzbehörden gegen die schwarzen Schafe der Branche. 95 Prozent der Anbieter machten gute Arbeit. Leider habe sich das vom balearischen Verbraucherschutzministerium vor einiger Zeit eingeführte Qualitätssiegel für Firmen aus der Mietwagenbranche nicht durchgesetzt. Um dieses zu erhalten, mussten die Unternehmen strenge Kriterien erfüllen. Ramón Reus wettert vor allem gegen die unwirtschaftlichen Billigpreise, die manche Anbieter aufrufen. Das Geld holten sich die Firmen dann durch unlautere Methoden wieder herein.

Einer der Gründe für das skrupellose Vorgehen einiger Firmen dürfte sein, dass der Mietwagen-Markt in Spanien und insbesondere auf Mallorca stark umkämpft ist. Alleine im Branchenverband Aevab sind 172 Unternehmen zusammengeschlossen. Das entspreche etwa 65 Prozent des Angebots auf den Balearen, so Reus. Welche Dimensionen das Geschäft mit den Mietwagen hat, verrät der Blick auf eine nun bevorstehende Ausschreibung des Flughafenbetreibers Aena. Der hofft auf weiter steigende Einnahmen durch die Vermietung von Büroflächen an die Mietwagenfirmen in den Ankunftshallen ihrer Airports, unter anderem in Palma. Im Jahr 2022 hatte Aena dadurch landesweit 180 Millionen Euro eingenommen. 4,6 Millionen Fahrzeuge werden dort jährlich vermietet. Das geschätzte Geschäftsvolumen der Autovermieter im Geltungszeitraum der neuen Mietverträge (fünf bis acht Jahre) betrage zehn Milliarden Euro, meldet Aena.