Skepsis gegenüber Statistiken ist
angebracht. Allzu leicht lassen sich Zahlen fehlinterpretieren oder
sogar manipulieren. So ist zum Beispiel die Aussagekraft der
offiziellen Ausländerstatistiken auf den Balearen ziemlich
fragwürdig. Denn die Daten der Einwohnermeldeämter werden zum einen
stets nur einmal im Jahr erhoben, zum anderen umfassen sie weder
die illegale Einwanderung noch Teilzeitmallorquiner, die lediglich
ein paar Wochen oder Monate im Jahr auf die Insel kommen. Die knapp
30.000 offiziellen Deutschen auf Mallorca geben also nur einen Teil
der Wirklichkeit wieder.
Statistiken können aber auch Einblicke in die gesellschaftlichen
Realitäten liefern. So gibt es wohl kaum eine Tatsache, die mehr
über Mallorcas Geschichte und Gegenwart verrät, als die des
jahrzehntelangen Bevölkerungswachstums. In etwas mehr als 100
Jahren hat sich die Einwohnerzahl der Balearen von rund 300.000 auf
eine Million mehr als verdreifacht (siehe Grafik). Dieses rasante
Wachstum, das dank historischer Statistiken überliefert ist, hilft
viele der Probleme zu erklären, unter denen die Inselgesellschaft
heute leidet.
So ist etwa der Bauboom, der nicht nur wegen seiner ökologischen
Folgen mittlerweile vielerorts kritisch gesehen wird, auf die
jahrzehntelange Bevölkerungszunahme zurückzuführen. Die Nachfrage
nach billigem Wohnraum und schicken Zweitwohnsitzen an Spaniens
sonnigen Küsten hat hier einen ganzen Wirtschaftszweig zum Blühen
gebracht. Nun, angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise, leidet
die mallorquinische Wirtschaft ganz besonders unter den Folgen. Was
wiederum die Statistik beweist: Die Arbeitslosenzahlen sind seit
Monaten auf Rekordniveau.
Ein Großteil des Bevölkerungswachstums, das in den 60er Jahren
des 20. Jahrhunderts Fahrt aufnahm, ist der Einwanderung
geschuldet. Heute ist gerade einmal jeder zweite Inselbewohner auch
hier auf den Balearen geboren. Was das für die Identität und für
den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedeutet, lässt sich an
Statistiken nur schwer erkennen. Seien sie auch noch so gut
gemacht.
Große Wahrheiten sind also nicht zu erwarten von den
Zahlenjongleuren der Balearen-Regierung. Dennoch offenbart das neue
Jahrbuch des Statistikamtes, das jetzt erschienen ist, viele
Details. Auch wenn Mallorca allein mit Zahlen nie zu fassen sein
wird.
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