Das Ramon-Llull-Jahr ist vorbei, doch der mallorquinische Gelehrte und Missionar aus dem Mittelalter bleibt im Gespräch. Diesmal dank 24 alter Holzschnitte. Das Domkapitel hat nach 70 Jahren ein Buch neu aufgelegt und ergänzt, das Abbildungen mit Szenen aus dem Leben Llulls zeigt. Die ikonografischen Texte dazu stammen von der Kunsthistorikerin Miquela Forteza. Sie sind in katalanischer Sprache verfasst und wurden zudem ins Spanische übersetzt.
Die Darstellungen sind Teil einer außergewöhnlichen, wenn nicht gar einzigartigen Sammlung von 1590 alten Holzschnitten. Hergestellt wurden sie von Europas langlebigster Druckerdynastie, der mallorquinischen Familie Guasp. Nahezu 400 Jahre, bis Mitte des 20. Jahrhunderts, waren bei der "Imprenta Guasp" die Pressen in Betrieb. Für Forteza ist dieses Buch mit dem Titel "Xilografies Antigues del Bt. Ramon Llull" deshalb auch eine Hommage an die Guasp-Dynastie.
Es war um 1450, dass Johannes Gutenberg in Mainz die ersten Bücher und Einzelblätter druckte. Ein Vierteljahrhundert später brachte der Heidelberger Drucker Johannes Parix diese Kunst auf die spanische Halbinsel nach Segovia. 1485 erreichte sie auch Mallorca. In Miramar bei Valldemossa, das einst Ramon Llull als Sprachschule für Missionare gegründet hatte, richteten der Felanitxer Priester Bartolomé Caldentey und sein Kompagnon Nicolás Calafat eine Druckerei ein. Fünf Jahre später war sie allerdings schon wieder Geschichte.
Mehr als ein halbes Jahrhundert sollte es dauern, bis der aus Palencia stammende Ferrando Cansoles 1540 einen erneuten Anlauf unternahm. Doch auch seine Druckerei war nicht von Dauer.
1576 begann die große Stunde der Imprenta Guasp. Begründet wurde sie von dem Buchhändler Gabriel Guasp. Vermutlich beschaffte er vom Festland die nötigen Maschinen und Utensilien, um in das Druckgeschäft einzusteigen. Dies tat er sehr erfolgreich. Während es mit dem Unternehmen seines Konkurrenten Cansoles zunehmend bergab ging, erfreute sich Guasp der großen Nachfrage bei Klerus und den weltlichen Ständen.
Nach dem Tod des Firmengründers Ende des 16. Jahrhunderts lief das Geschäft munter weiter. Mitte des 17. Jahrhunderts verfügte das Unternehmen über drei Pressen und 600 Druckvorlagen. Zu seinen Kunden zählten der Vizekönig wie auch die Inquisition. Der Erfolg machte sich auch darin bemerkbar, dass es Ende des 18. Jahrhunderts in Palma mehrere Druckereien unter dem Namen Guasp gab.
Dass sich die Dynastie über die Jahrhunderte hielt, ist auch den Frauen der Großfamilie zu verdanken. Als etwa 1713 Melchior Guasp starb, übernahm dessen Witwe, Juana Nadal, das Ruder. Bis 1750 stand sie an der Spitze des Betriebs, der sich im Carrer Cadena zwischen den Plätzen Cort und Santa Eulàlia befand. Damit der Familienname nicht unterging, firmierte sie die Drucke nicht etwa mit "Juana Nadal", sondern mit "Viuda Guasp", also "Witwe Guasp.
Auch im Viertel um die Kirche Sant Nicolau krempelte eine Frau die Ärmel hoch. Dort führte von 1775 bis 1782 Maria Florit die Geschäfte weiter, nachdem ihr Gatte Antonio Guasp gestorben war.
Mit der Erhebung Spaniens gegen Napoleon im Jahr 1807 geriet das Unternehmen in Schieflage. Grund: Die Infrastruktur der Firma war praktisch vollständig weggebrochen. Die Rettung brachte die Gründung einer Gesellschaft und die Zusammenlegung der Druckereien an den Ort, an dem sich heute der Sitz des Inselrats von Mallorca befindet.
In der Geschichte der Familiendynastie gelten diese Jahre als Goldenes Zeitalter. Neue Maschinen wurden angeschafft, Lettern um neue Schrifttypen erweitert. Die Imprenta Guasp galt zu dieser Zeit als eine der bedeutendsten Druckereien des Landes. Selbst der spanische Staatsmann und Literat Gaspar Melchor de Jovellanos und der Kunstmäzen und Kardinal Antonio Despuig ließen ihre Werke hier drucken.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zog das Unternehmen erneut um und bezog im Carrer Morey Quartier. Aus den Guasp waren inzwischen angesehene Kunstdrucker geworden. In diese Zeit fällt auch das Buch mit den Darstellungen von Ramon Llull. Aus Anlass seines 600. Geburtstages wurden die 18 alten Holzstiche erstmals 1915 veröffentlicht und 1947 neu aufgelegt.
Dass das Buch über Llull nun erneut erscheint und um sechs Stiche erweitert wurde, gleicht fast schon einem Wunder. Denn nach der Schließung der Druckerei wurden ihre Bestände 1958 nach Madrid verkauft, gelangten dann jedoch wieder nach Mallorca. Seit 1960 befindet sich die Sammlung mit den alten Druckvorlagen nebst einer Presse aus dem Jahr 1622 in der Kartause von Valldemossa - frei zur Besichtigung.
INFOS AUF EINEN BLICK
Das Buch:
Miquela Forteza Oliver: Xilografies Antigues del Bt. Ramon Llull. Palma de Mallorca 2016; Museu Diocesà de Malloca und Cabildo de la Catedral; 144 Seiten; 40 Euro.
Sammlung Guasp: Januar MO bis SA 9.30 bis 15 Uhr; Februar 9.30 bis 17 Uhr. Eintritt Museum Kartause:. 8,50 Euro.
Weitere Infos: visitcartujadevalldemossa.com.
Ort: Kartause, Plaza de la Cartuja, Valldemossa.
(aus MM 1/2017)
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