Juli 1998: FDP-Chef Wolfgang Gerhardt legt letzte Hand an das Mallorca-Wahlplakat seiner Partei.

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Es war seinerzeit so etwas wie ein Tabubruch. Im Juli 1998 legte der damalige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt medienwirksam selbst Hand an. Zum ersten Mal überhaupt warb eine deutsche Partei per Plakat auf Mallorca um Stimmen. An der Autobahn, nahe dem Flughafen wünschte der FDP-Vorsitzende schriftlich "Schöne Ferien. Und das nicht nur alle 5 Jahre, wie die Grünen meinen". Der Spruch basierte auf einer Forderung aus Reihen der Grünen, dass die Deutschen nur noch alle fünf Jahre in Urlaub fliegen sollten.

"Ich gehe dahin, wo unsere Wähler sind. Hier gibt es mehr als in mancher deutschen Kleinstadt", meinte Wolfgang Gerhardt am Rande der Aktion, die sehr umstritten war und für einige Diskussionen gesorgt hat. Ein Sprecher der mallorquinischen Partei PSM sagte: "Der Eindruck wird immer stärker, dass die Balearen ein deutsches Bundesland sind."

Deutschland steht wieder vor der Bundestagswahl. Am 22. September wird abgestimmt. Erneut ist es jemand aus der FDP, der in Sachen Wahlkampf auf der Lieblingsinsel der Deutschen vorprescht. Der liberale Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen will in den kommenden Wochen nach Mallorca kommen und hier auch um die Stimmen von wahlberechtigten Deutschen werben. Einen diesbezüglichen Bericht der "Welt" bestätigte der Hamburger Politiker auf MM-Anfrage. Wie er ganz konkret wahlkämpfen will, das steht allerdings noch nicht fest.

Müller-Sönksen scheint in seiner Partei ein "Einzeltäter" zu sein. FDP-Generalsekretär Patrick Döring erklärt: "Die FDP plant keine besonderen Wahlkampfaktivitäten auf Mallorca. Wir wollen, dass sich die Menschen in Ruhe erholen können."

Und wie sehen es die anderen Parteien?

MM hörte sich in den Zentralen um. Bei der CDU hat man Auslandsdeutsche zwar auf dem Zettel, bleibt aber hinsichtlich des Wahlkampfs lieber in der Heimat. Aus der CDU-Bundesgeschäftsstelle verlautet: "Der Wahlkampf der CDU richtet sich an alle deutschen Wählerinnen und Wähler, ganz gleich, ob sie in Deutschland oder im Ausland leben. Auch wenn wir keine Aktionen auf Mallorca durchführen werden, können wir dennoch beispielsweise mit unseren vielfältigen Online-Aktivitäten sicher viele dort lebende Deutsche erreichen."

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Macht es denn überhaupt Sinn für deutsche Parteien, auf Mallorca um Stimmen zu buhlen?

"Von Wahlkampf auf Mallorca halte ich nichts", meint Politikberater Michael H. Spreng, der zwischen Berlin und seinem Zweitwohnsitz in Molinar pendelt. Der einstige Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber weiter: "Die Menschen wollen Urlaub machen und dabei nicht von Politikern belästigt werden. Ich glaube, Politiker, die Wahlkampf auf Mallorca machen, tun dies nur in der Hoffnung, damit in die Medien zu kommen. Eine reine PR-Aktion."

Großes Medienecho hat Wolfgang Gerhardt 1998 erreicht. Anekdote am Rande: Das Plakat stand an der Autobahnausfahrt zum Flughafen. Der FDP-Chef wünschte also vor allem jenen Mallorca-Touristen "Schönen Urlaub", die gerade auf der Heimreise waren ...

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