TW
0

Wer in diesen Tagen mit dem Auto in die Innenstadt von Palma fährt, braucht Nerven wie Drahtseile. Die Parkhäuser im historischen Zentrum sind brechend voll und die Blechlawinen schieben sich durch die Straßen und Gassen. Geht es nach dem neuen Verkehrsdezernenten Joan Ferrer (PSIB), soll damit bald Schluss sein. Er will die Stadt vor dem Verkehrskollaps bewahren und setzt aufs Fahrrad und die öffentlichen Verkehrsmittel.

"Die Situation auf den Straßen ist derzeit akzeptabel, doch es gibt viel zu verbessern", sagt Ferrer im Gespräch mit dem Mallorca Magazin. Um die Stadt für die Anwohner lebenswerter zu gestalten, will er an den verkehrsberuhigten Zonen im Zentrum wie der Plaça Major und rund um die Kathedrale festhalten – eine Ausweitung wäre denkbar. Palma ist in seinen Augen eine gute Fahrradstadt: schönes Wetter und wenige Steigungen. Joan Ferrer war selbst Fahrradaktivist, er fährt mit Bus und Velo zur Arbeit. Das städtische Fahrradverleih-System Bicipalma soll in dieser Legislaturperiode ausgebaut werden, auch weitere Fahrradwege sind geplant. "Wichtig sind Querverbindungen zwischen den Hauptverkehrsstraßen." In Bälde wird beispielsweise ein Radweg von Son Hugo zur Carretera Valldemossa eingeweiht.

"In den vergangenen Jahren gab es kaum Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr", kritisiert der Sozialist die Vorgängerregierung, "wir spüren nun die Konsequenzen." Was will er verändern? Die Busflotte des Stadtverkehrs EMT wird erneuert. "Die alten Fahrzeuge verbrauchen zu viel." Auch sollen weitere Mitarbeiter eingestellt werden. "Derzeit sind 600 Fahrer bei der EMT beschäftigt, die machen einen guten Job." Zudem schwebt ihm ein inselweites Tarifsystem vor. Nach dem Vorbild von London beispielsweise könnte es eine Bezahlkarte geben, mit der alle Verkehrsmittel auf Mallorca genutzt und bezahlt werden.

Der Verkehrsdezernent möchte gar die Insulaner zum Umdenken bewegen. Geht es nach ihm, fahren junge Menschen unter 16 Jahren bald kostenlos Bus: "Damit sich die Jugendlichen daran gewöhnen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen." Auf Mallorca seien europaweit gemessen an der Einwohnerzahl die meisten Autos zugelassen: "Die Mallorquiner sind es gewohnt, immer mit dem Auto zu fahren." Die jüngste Verkehrszählung im Oktober registrierte in Palma pro Tag 210.000 Autos und 900.000 Fahrten. An Werktagen ist die Stoßzeit um acht Uhr, wenn die Kinder zur Schule gebracht werden, um zwölf Uhr sowie zwischen 16 und 19 Uhr auf den Straßen, die in die Stadt hineinführen wie die Carrer d'Aragó. Zu den Stau-Sorgenkindern zählen auch die Carrer del General de Riera und die Carrer 31 de Desembre. Im Sommer geht das Verkehrsaufkommen zwar um ein Fünftel zurück, allerdings nicht im historischen Stadtkern und am Paseo Marítimo. In der Hochsaison kommt es dort zwischen 11 und 13 Uhr regelmäßig zu Staus, "besonders, wenn es bewölkt ist und deshalb viele Touristen Palma besuchen".

Er empfiehlt Touristen, mit dem Bus oder dem Zug in die Stadt zu kommen. Wer doch mit dem Auto fährt, sollte die Parkhäuser nutzen, die außerhalb des historischen Kerns liegen: "Dort ist immer etwas frei und es fahren Busse ins Zentrum."

Ab dem kommenden Sommer soll Palma außerdem über ein Parkleitsystem verfügen, kündigt der Verkehrsdezernent an. Im Stadtrat wurde es bereits beschlossen. Angedacht ist, dass an Zufahrten zur Stadt, an wichtigen Knotenpunkten und vor Parkhäusern zukünftig digitale Hinweisschilder stehen, die anzeigen, wo noch wie viele Stellplätze vorhanden sind.

(Aus MM 30/2015)