Möglicherweise, so spekulierte bereits 1566 der französische
Naturkundler Guillaume Rondelet angesichts seiner Beobachtungen
über den Carcharodon carcharias (übersetzt: der mit den
Sägezähnen), sei es ja gar kein Wal gewesen, der den Propheten
Jonas in der biblischen Sage verschluckt habe, sondern ein enormer
Hai. Schon Rondolet vermerkte in seinen Studien Angriffe von Haien
auf Menschen. Aber erst seit Stephen Spielbergs aus
meeresbiologischer Sicht wenig bedeutsamen Hollywooderfolgs gibt es
nur noch einen Schrecken der Meere: den Weißen Hai.
Theoretisch könnte der gefräßige Räuber auch rund um Mallorca
für Angst und Schrecken sorgen, denn unter anderem ist das
Mittelmeer seine Heimat. Aber die fünf bis acht Meter lange und
zwei bis 3'5 Tonnen schwere „Bestie” macht sich nicht nur vor
Mallorca rar. Der Weiße Hai gilt als vom Aussterben bedroht.
„Zuletzt ging der als Killer verschriene Koloss auf den Balearen in
den 70er Jahren einem Fischer bei Sa Foradada, unweit von Deià, ins
Netz”, berichten Juan Poyatos und Ana María Abril. Der
haiforschende Journalist und die promovierte Biologin haben fünf
Jahre lang an einem Buch über Haie in balearischen Gewässern
gearbeitet. Von Interviews mit Fischern über ausführliche
Artenbeschreibungen bis hin zu Rezepten wurde in dem Hardcoverbuch
„Tiburones en el Mar Balear” auf 184 Seiten alles zusammengetragen,
was auf den Inseln mit den beim Menschen Panik auslösenden
Meeresbewohner zusammenhängt.
Von den rund 400 bekannten Haiarten kommen laut dem Buch etwa 35
in balearischen Gewässern vor. Vom nur etwa 60 Zentimeter messenden
Kleingefleckten Katzenhai (Scyliorhinus canicula) bis zum neun
Meter langen Riesenhai (Cetorhinus maximus) reicht die Palette. Am
meisten verbreitet in hiesigen Gefilden seien die bis zu vier Meter
langen Blauhaie (Prionace Glauca). Aber tatsächlich einmal einen
Hai zu Gesicht zu bekommen, sei abseits der Fischhallen fast
unmöglich. „Mit viel Glück sieht man einmal vom Boot aus eine
Flosse aus dem Wasser ragen”, weiß Juan Poyatos aus eigener
Erfahrung. „Im Gegensatz zu Delfinen müssen Haie nicht
auftauchen.”
Die Wahrscheinlichkeit, von einem Hai attackiert zu werden, ist
gemäß einer Hochrechnung amerikanischer Wissenschaftler 30-mal
geringer, als vom Blitz erschlagen zu werden. Bei geschätzten 40
Milliarden auf der ganzen Welt Badenden im Jahr komme es zu maximal
75 Haiunfällen.
Im Mittelmeer sei das Risiko extrem gering. Zwischen 1890 und
1999, so eine empirische Studie, habe es im gesamten Mittelmeer 37
Hai-Angriffe auf Menschen gegeben. 19 davon hatten einen tödlichen
Ausgang. Zuletzt kam es in spanischen Hoheitsgebiet 1993 zu einem
Zwischenfall. Etwa 200 Meter vor der Küste des valencianischen
Ortes Las Arenas wurde einer Schwimmerin von einem Hai ein Finger
abgebissen.
Auf den Balearen, so die Buchautoren, habe es bislang lediglich
einen registrierten, letztlich aber nicht 100-prozentig bestätigten
Haiangriff gegeben. 1912 sei ein auf Cabrera stationierter
Militärangehöriger angefallen und getötet worden.
Dass die balearischen Gewässer im Prinzip absolut sicher sind,
so Ana María Abril, sei aber nicht auf eine mangelnde Präsenz von
Haien zurückzuführen. Zahlreiche von Haien verursachte Bissspuren
bei Delfinen, anderen Meeressäugern und Großfischen sowie diverse
Sichtungen und Fänge von zum Teil potenziell für den Menschen
gefährlichen Tieren belegten dies. Die Mallorca-Haie bevorzugten
Wassertemperaturen von 13 bis 20 Grad und kämen deshalb
hauptsächlich im Winter in Küstennähe vor. „Alle Fänge von
potenziell gefährlichen Arten wurden in den Wintermonaten und meist
im Morgengrauen gemacht.” Da sich aber normalerweise kein Urlauber
im Februar um fünf Uhr morgens in die Fluten stürze, könne er auch
nicht für ein Beutetier oder einen Spielkameraden gehalten
werden.
Generell weiß man auch im 21. Jahrhundert wenig über das Leben
der Haie. Dass er beim Menschen ungleich öfter die Speisekarte
bereichert als umgekehrt, steht allerdings definitiv fest.
1 Kommentar
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Man sollte sich eher um die wirklich gefährlichen Dinge im Leben Gedanken machen: http://live-counter.com/smogtote-vs-haiangriffe/