Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus – und bei einer
Fußball-Weltmeisterschaft sind die je nach Sichtweise auch ganz
schön dunkel. Während Fans auf der ganzen Welt und die allermeisten
Deutschen dem ersten Anstoß gespannt entgegenfiebern, treibt die
sportliche Großveranstaltung einigen Tourismusmanagern im In– und
Ausland Sorgenfalten auf die Stirn.
Denn es steht zu befürchten, dass vom 9. Juni bis 9. Juli 2006,
wenn in zwölf Stadien der Ball rollt, die Menschen lieber die
Spiele verfolgen als verreisen. „Eine gewisse Delle während einer
solchen Veranstaltung sind wir gewohnt”, erklärt Dierk Berlinghoff,
Bereichsleiter Flugreisen bei der LTU Touristik (ITS, Jahn-Reisen,
Tjaereborg), „doch wenn es im eigenen Land passiert, könnte diese
Delle viel deutlicher ausfallen.” Denn neben den üblichen
„Ausfällen” für Veranstalter und Airlines kommen noch die hinzu,
die in der Zeit arbeiten müssen und Urlaubssperre haben: Polizei,
Feuerwehr, Sanitätspersonal, selbst der freiwillige Zivilschutz hat
seine Mitgliedern angewiesen, in der fraglichen Zeit einsatzbereit
zu sein. „Das sind etliche tausend Menschen, die in den ersten
beiden Monaten der Sommersaison 2006 keine Reise buchen werden”, so
Berlinghoff – „und das wird auch auf Mallorca zu spüren sein.”
Raimundo Alabern, Direktor des mallorquinischen
Fremdenverkehrsamtes Ibatur, ist sich der Lage bewusst: „Hinzu
kommt, dass viele Geld in einen neuen Fernseher stecken, das dann
möglicherweise in der Urlaubskasse fehlt.” Noch schwerer, davon ist
er überzeugt, wird es allerdings Destinationen treffen, die weiter
entfernt liegen, in denen die TV-Übertragungen durch die
Zeitverschiebung nicht so gut verfolgt werden können oder wo keine
Garantie besteht, die Spiele der deutschen Mannschaft sehen zu
können.
Neckermann-Sprecher Gunther Traeger wiederum versteht die
Aufregung nicht: „Sicher werden einige während der WM lieber zu
Hause bleiben. Aber es wird auch sehr viele geben, die genau dann
in die Ferien flüchten werden. Das gibt es ja beim Karneval auch.”
Peter Hauptvogel, Sprecher der Fluggesellschaft Air Berlin, macht
sich deswegen auch keine Gedanken: „Die Vorbestellungen der
Reiseveranstalter sind normal.” Seine Airline könne außerdem auch
davon profitieren, dass Gäste nach Deutschland fliegen, um die
Spiele live mitzuerleben.
Traeger, Hauptvogel und Alabern sind sich außerdem einig, dass
Urlaub ein Grundbedürfnis ist, das wegen der WM vielleicht
verschoben, aber nicht aufgehoben wird. Der Ibatur-Chef baut
deswegen darauf, die während des Fußball-Festes verlorenen Gäste
später auf der Insel begrüßen zu können.
Da hat Mallorca allerdings ein spezielles Problem: Von Mitte
Juli bis Mitte September ist sowieso immer ausgebucht, in diesem
Zeitraum lässt sich gar nichts ausgleichen. Hauptvogel sekundiert:
„Es wird Engpässe geben”. Alabern will deswegen alles daran setzen,
nach Ende der Hochsaison 2006 Urlauber nach Mallorca zu locken.
Doch diese Bemühungen gibt es schon seit vielen Jahren, unabhängig
davon, ob und wo eine WM stattfindet – mit bislang mäßigem
Erfolg.
Vielleicht bringt die WM auch einen Stimmungsumschwung nach
Deutschland und kurbelt die Wirtschaft an. Darüber kann sich auch
Mallorca uneingeschränkt freuen.
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