Beim zweiten Anlauf klappt's: Nach einer Ehrenrunde durch den
Hafen von Portals ist endlich ein Parkplatz gefunden. Bis hinauf
zur Durchgangsstraße nach Portals Nous stehen Edelschlitten dicht
an dicht, während ihre Besitzer sich in den Bars und Restaurants
von Mallorcas Nobelhafen zusammendrängen. Wenn die Menschen in den
Ausgehmeilen der Insel wie derzeit an ganz normalen Wochentagen
Schlange stehen, um einen Tisch im Restaurant zu ergattern,
erreicht Mallorcas Tourismus den Zenit. Höher steigt die Hochsaison
nimmer mehr: Rekordzahlen am Flughafen, Höchstwerte am Thermometer,
Straßen, Lokale, Hotels, Strände – gestopft voll. Das balearische
Tourismusministerium spricht gar von historischen Ergebnissen für
den Tourismus der Inseln.
Am eindeutigsten lässt sich der Wendepunkt der Saison an den
Passagierzahlen im Flughafen ablesen: Mit 153.000 an– und
abreisenden Menschen erreichte Son Sant Joan am vergangenen Samstag
einen neuen Rekord. Das wird voraussichtlich auch auf den gesamten
August zutreffen: In diesem Sommer sind mehr Flugzeuge denn je im
Einsatz, um mehr Menschen denn je auf das Eiland und wieder weg zu
bringen. Alleine im Juli verbuchte der Airport 250.000 Passagiere
mehr als im Juli des Vorjahres. 2'73 Millionen Besucher
beherbergte, verköstigte, transportierte die Insel im vergangenen
Monat – und im August werden es noch mehr werden.
Man sollte meinen, dass die Menschenmassen an allen Ecken und
Enden zu Engpässen, langen Wartezeiten, Platzangst und
Übersättigung führen. Doch Klagen unzufriedener Urlauber und
gestresster Inselbewohner sind in diesem Jahr erstaunlich selten:
Das Wetter spielte nicht verrückt, Wasser- und Stromversorgungen
sind nicht zusammengebrochen, von Hotelüberbuchungen hörte man nur
in Einzelfällen, das Meerwasser blieb sauber.
In vielen Urlaubsorten soll die Hochsaion retten, was die
vorangegangenen Monate zu wünschen übrig ließen: Die Hotelbelegung
war laut deren Betreibern bis Anfang Juli nicht zufrieden stellend.
Dank guten Last-Minute-Verkäufen war die Bilanz für Juli
schließlich doch noch besser als im vergangenen Jahr. Die Belegung
der Hotels betrug im Juli 87'6 Prozent und auch für September ist
man sehr optimistisch.
Nachdem das Auto in Portals abgestellt ist, schleicht sich beim
Spaziergang durch die Restaurantzeile bereits das ungutes Gefühl
ein: „Das kann dauern.” Vor dem „Diablito” ist vor lauter Gästen,
die auf einen freien Tisch warten, kaum ein Durchkommen. Aber zum
Glück hat das neue „Minimar” innen noch einen Tisch frei. Die
Bedienung ist freundlich, die bestellten Tapas kommen rasch und
schmecken so gut wie immer. Und mit knapp 35 Euro für zwei Personen
(inklusive zwei Gläsern Wein und einer großen Flasche Wasser) kann
man selbst über die Preise nicht meckern.
Nach dem Abendessen tummeln sich Nachtschwärmer aus aller Herren
Länder in den schicken Lounges, Bars und Diskotheken des Hafens.
Oder gehen in einem der Läden shoppen, die bis spät am Abend
geöffnet haben. Dort herrscht allerdings eher Frustation: „Obwohl
es hier so voll ist, laufen die Geschäfte nicht so gut”, sagt ein
Ladeninhaber.
„Früher waren die Urlauber besser erzogen und hatten mehr
Niveau”, klagt Manuel, der seit 30 Jahren mit seinem Esel auf dem
Boulevard von Peguera Töpferwaren feil bietet. Wenn er endlich in
Rente gehen kann, wird ein weiteres Relikt des veralteten,
folkloristischen Spaniens aussterben. Auch der singende
Alleinunterhalter in einer Seitenstraße schafft es mit Melodien von
vor 40 oder 50 Jahren nicht, das zahlreiche Publikum von der Straße
ins Lokal zu locken. Das flaniert frisch geduscht und hübsch
gemacht nach langem Strandtag durch die belebte Einkaufsstraße, und
lässt sich nach dem Essen im Hotel oder einer der unzähligen
Pizzerias zur Copa unter freiem Himmel nieder.
Sabrina (23) und Katrin (25) aus Münster sind auf Empfehlung
ihres Reisebüros nach Peguera gekommen. Sabrina kannte Mallorca aus
früheren Reisen und ist auch diesmal wieder vollauf zufrieden:
„Hotel super, Wetter super, Wasser total sauber. Tagsüber ist es am
Strand nicht so voll und abends ist ein bisschen was los, ohne dass
es Ausmaße wie in Arenal annimmt”, sagt Sabrina. Am liebsten sitzen
die Freundinnen abends einfach in einem der vielen Terrassenlokale.
Die letzten zwei Tage haben sie mit dem Mietwagen die Insel
erkundet. Einziger Kritikpunkt ist für sie die zunehmende Bebauung
der Insel. „Und die vielen großen Hotels gefallen uns auch nicht.”
Gerade wegen des Trubels sind Claudio, Timmy, Steffen und Marc aus
Stuttgart nach Mallorca geflogen. Um die Mittagszeit liegen die
Freunde (alle Anfang 20) faul am Strand vor dem „Ballermann 6” an
der Playa de Palma. Mit der Bierflasche in der Hand dösen sie im
warmen Sand, leise dringt eintönige deutsche Stimmungsmusik vom
Kultlokal rüber, das seinem Ruf für hemmungslose, ausufernde Gelage
in diesem Moment nicht gerade gerecht wird. Alles ganz
gesittet.
„Wir sind zum ersten Mal im August hier”, sagt Timmy, der ein
eingefleischter Mallorca-Fan ist und schon sechs oder sieben Mal da
war. „An Pfingsten ist hier mehr Stimmung, da gefällt es mir noch
besser.” Den Viertages-Trip ins Land der Sonne und Sangria hat die
kleine Gruppe ganz kurzfristig gebucht: „Es gab billige Flüge. Und
das Hotel habe ich direkt gebucht. Das kannte ich schon aus
früheren Besuchen.” Länger müsse der kleine Feier-Urlaub auch gar
nicht sein, sind sich die Jungs einig. Natürlich haben sie ähnliche
Urlaube auch schon woanders gemacht, in Italien zum Beispiel. „Aber
hier ist es einfach besser.”
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