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Es war eine eindrucksvolle Ansprache, die Uli Märkle, der künstlerische Leiter des Karajan Centrums Wien, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Herbert von Karajan – Hommage zu seinem 95. Geburtstag” im Palau March in Palma gehalten hat. Nicht nur, weil der in Tübingen geborene Jurist, Musikliebhaber und Karajan–Freund sie in spanischer Sprache hielt. Auch, weil er es in der kurzen Zeit verstand, das „Wunder Karajan” seinen Zuhörern nahe zu bringen. „Er ist ein Mythos geworden”, sagte Märkle gegenüber MM. „Und er ist nach wie vor der meistverkaufte Klassik-Musiker.”

Märkle nannte eindrucksvolle Zahlen, die die Schaffensfreude und den Fleiß eines bemerkenswerten Musikerlebens dokumentieren: 300 Millionen verkaufte Platten und CDs; 12.200 Konzerte, 900 Opernaufführungen, über 3000 Musiktitel von 135 Komponisten.

Märkle erzählte von den Anfängen von Karajans in Ulm, als der junge Musiker dort 1929 als Kapellmeister 40 bis 60 Mark verdiente. Dort, so habe Karajan gesagt, sei er vom Lehrling zum Meister gewachsen.

Natürlich berichtete er auch von den internationalen Erfolgen, vom Bau der Philharmonie, die die Berliner liebevoll und spöttisch „Circus Karajani” nannten, von Verdiensten wie die strikte Verfügung, alle Opern in der Originalsprache aufzuführen, was vor Jahrzehnten noch einen ziemlichen Skandal bedeutete, heute aber an der Tagesordnung ist. Er sprach von Karajans musikalischen Entdeckungen wie Seji Ozawa, Claudio Abbado, Anne-Sophie Mutter oder Placido Domingo.

Er erzählte aber auch vom Menschen Karajan, der einerseits ein Despot – „das muss man als Dirigent einfach sein!” – andererseits aber auch schüchtern gewesen sei. „Er liebte die großen Empfänge nicht. Er aß am liebsten Wiener Schnitzel und Würstel, trank Weißwein, aber den niemals kalt. Whisky trank er am liebsten aus der Flasche, mit der Begründung, das sei wie John Wayne, den er aus seinen geliebten Western kannte.”

Und er erzählte Anekdoten des Maestro: Karajan, Märkle, der viele Jahre persönlicher Berater des Maestro war, und Daniel Barenboim, waren zu einem Gespräch in einer Hotelsuite zusammengekommen. Karajan orderte einen Wodka, der ihm gegen seinen Wunsch eiskalt serviert wurde. So orderte er noch eine Tasse Brühe, wärmte den Wodka darin und war zufrieden: Wodka kalt, Suppe warm. „Ein Genie!” war Barenboims Kommentar.

Märkle sprach auch von den technischen und sportlichen Interessen Karajans, von seinen Segelwettbewerben, unter anderem gegen den spanischen König Juan Carlos. Und er zitierte den Maestro immer wieder: „Wer all seine Ziele erreicht, hat sie niemals hoch genug gesteckt!”

Die Ausstellung zeigt Fotos und Dokumente, zeigt den ganz jungen Karajan, den Musiker, den Privatmann, den Familienmenschen. Die Exponate sind liebevoll zusammengestellt und mehrsprachig ausführlich beschriftet. „Herbert von Karajan glaubte an Reinkarnation”, erinnerte sich Uli Märkle. „Er war allerdings sicher, weder als Affe noch als Pferd wieder geboren zu werden, sondern nur als Orchesterleiter. Und zwar als Leiter der Berliner Philharmoniker. Darauf wartet die Musikwelt bis heute.”