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Bernat Escanellas sieht dem Ende der Saison mit einem lachenden und weinendem Auge entgegen. Lachend deshalb, weil er sich nach neun Monaten an der Rezeption des Hotels RIU Sofía an der Playa de Palma endlich wieder seiner „großen Leidenschaft Marathon” hingeben kann. Und weinend deshalb, weil während der dreimonatigen Auszeit das Geld knapp wird.

Der Mallorquiner hat einen Arbeitsvertrag, der in Spanien zum Alltag gehört, in Deutschland aber unbekannt ist: Hinter „fijo discontinuo” verbirgt sich eine Flexibilität, die vor allem Arbeitgeber seit vielen Jahren schätzen. In der Regel, so Joan Fuster vom mallorquinischen Hoteliersverband, gehören diese Angestellten fest zur Belegschaft, arbeiten allerdings nur zwischen April und Oktober. Danach nehmen sie ihren Jahresurlaub, die restlichen Monate hilft Geld vom Arbeitsamt über die Runden. „Die Mehrheit der Hotelbediensteten arbeitet in diesem Rhythmus”, sagt Fuster.

Die Gewerkschaften fordern in regelmäßigen Abständen, Arbeitnehmern mit Festverträgen mehr Sicherheit zu garantieren. Nur 10'1 Prozent aller 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträge auf den Balearen waren so genannte „fijos”, zeitlich unbegrenzt. Im RIU Sofía haben von insgesamt 83 Mitarbeitern „rund 30 einen Festangestellten-Vertrag”, sagt Direktorin Xisca Sitjar. Auch sie nehmen nach Saisonende Urlaub, werden aber anschließend auf ganzjährig geöffnete Häuser der Kette verteilt.

Die meisten Festangestellten bleiben in den vier Monaten, die die Saisonherbergen geschlossen bleiben, auf der Insel. So auch Escanellas' Kollegin und Rezeptionschefin Tina Ferrer. Kein Wechsel ins tropische Cancun oder auf das Reggae beschwingte Jamaica, „die Familie hat Vorrang”, sagt die junge Frau. Trotzdem täte ein Wechsel mal ganz gut, schließlich treffe man dadurch die Kollegen anderer Hotels wieder. Wo sie den Winter über aushelfen wird, steht noch nicht fest. „Verschiedene Hotels reißen sich um Tina”, spaßt Direktorin Sitjar.

Eine noch flexiblere Vertragsform stellen die kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse dar. Die so genannten „temporales”, sagt Fuster, kommen vor allem bei außerplanmäßigen Ereignissen wie Hochzeiten und Feste zum Einsatz. „Das sind mal zwei Tage, mal eine Woche.” Der spanische Wanderarbeiter, der in der Saison auf den Balearen das Geld für den Winter in der andalusischen Heimat verdient, ist eine aussterbende Spezies. „Das war vor 30 Jahren so, inzwischen haben Südamerikaner die Gelegenheitsjobs übernommen”, sagt Fuster vom Hoteliersverband. Die aufstrebende Tourismusbranche in Südspanien mache zudem das Abwandern überflüssig.

Im Fall der Hotelkette RIU machen zwei der insgesamt acht Hotels an der Playa de Palma für die nächsten vier Monate dicht. Ehe der Letzte die Tür hinter sich zumacht, so Direktorin Sitjar, müsse über drei bis vier Tage gewissenhaft eine Checkliste abgearbeitet werden: „Wasserhähne und Küche werden mit Vaseline eingefettet, auf den Zimmern sämtliches Mobiliar auf die Betten gehievt, die Poolscheinwerfer ausgebaut, elektrisches Gerät eingesammelt und zum Schluss die Vorhänge zugezogen.” Und das sei noch längst nicht alles. Zurück bleibt lediglich ein Hausmeister, der jeden Tag nach dem Rechten sieht.

Umgekehrt dauert alles gar noch länger. „Zwölf Tage lang wird das Hotel vor Saisonöffnung auf Vordermann gebracht”, beschreibt Sitjar, „jede Putzfrau schafft pro Tag anderthalb Zimmer.”