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Deutschland erlebt den heißesten Sommer der letzten Jahrzehnte. Die Tageshöchsttemperaturen steigen bis auf 40 Grad, die Ostsee meldet 25 Grad Wassertemperatur, Millionen finden wegen der Hitze keinen Schlaf. „Kanzler, tu was!” forderte „Bild”, und gleich noch „Hitzefrei für alle! Himbeereis auf Krankenschein! Freibier! Freibier! Freibier!”

Verkehrte Welt: Luft– und Wassertemperaturen dieser Größenordnung sind sonst nur am Mittelmeer üblich. Zwar erlebt auch Mallorca einen intensiveren Sommer als üblich: Schon seit Anfang Juni ist es ungewöhnlich warm. Aber die Temperaturen von Berlin oder München liegen seit Tagen deutlich über denen von Palma de Mallorca.

Nur beim Wasser lag Mallorca noch vorn. Die Meerestemperatur betrug 26 bis 28 Grad, in den Pools wurden Werte bis zu 32 Grad ermittelt. Aber die Luft brannte nicht so sehr wie in Deutschland: In der Balearen-Hauptstadt wurden maximal 33 Grad gemessen, im Inselinnern waren es nicht mehr als 36 Grad.

Zumal es sich in den Nächten so weit abkühlte, dass an erholsamen Schlaf zu denken war. In Palma wurden Nachttemperaturen um 25 Grad registriert, in der Inselmitte jedoch nur um 20 Grad. MM fragte beim Meteorologischen Institut in Palma nach, warum das Sommerwetter solche Kapriolen schlägt. Und warum es in der Inselmitte am Tage heißer ist als an der Küste und in der Nacht kühler.

„Im Inselinneren erwärmt sich der Boden schneller als an den Küsten”, erklärt María José Terrero vom Meteorologischen Institut in Palma. Nächtens kühle es hingegen rascher wieder ab, was zum Beispiel am 4. August in Porreres zu einem Temperaturunterschied Tag-Nacht von 13'9 Grad führte. In Palma pendelt die Quecksilbersäule meist zwischen 32 Grad und 24 Grad, die Differenz fällt somit um einige Grade geringer aus.

Verantwortlich für die erträglicheren Temperaturen ist ein Küstenwind. Vor allem in den Sommermonaten, so Terrero, entsteht gegen 11.30 Uhr auf Grund des Temperaturunterschieds von Meer und Boden eine zuverlässige Brise. Segler profitieren von diesem Wind bis zu einer Entfernung von etwa zehn Meilen von der Küste. „Aber auf dem Land verpufft die Brise ein paar Kilometer landeinwärts”, sagt die Meteorologin. Daraus erkläre sich auch die Tatsache, dass Höchsttemperaturen entlang der Küste in den Vormittagsstunden registriert werden, im Landesinneren aber erst am Nachmittag.

Nachts hält das aufgewärmte Mittelmeer die Temperaturen an der Küsten deutlich über der 20-Grad-Marke. Nach Auffassung von Terrero ist der diesjährige Sommer „sehr heiß”, die Temperaturen lägen um zwei bis drei Grad über dem langjährigen Mittel. Da auch die Wassertemperatur hohe Werte verzeichnen, könnte es im Herbst zu heftigen Regenfällen kommen. „Dann, wenn kalte Luftmassen auf die ungewöhnlich warmen Wassermassen stoßen.”

In den öffentlichen Krankenhäusern der Insel füllen sich derweil die Notaufnahmen. Die hohen Temperaturen und der ferienbedingte Anstieg der Bevölkerung trieben am vergangenen Wochenende in Son Dureta 677 Menschen in ärztliche Hände. An normalen Sommerwochenenden sind es 500. Ähnlich überfordert war das Personal in Son Llàtzer und in Manacor. Nach Meinung des balearischen Gesundheitsministeriums hatten 80 Prozent der Hilfesuchenden in der Notaufnahme eigentlich nichts zu suchen. Leichtverletzte sollten sich vielmehr an die Gesundheitszentren in den jeweiligen Wohngebieten wenden.

In den südlichen Regionen Spaniens hat die Hitzewelle bis zum Mittwoch 14 Tote gefordert. Betroffen ist vor allem das andalusische Binnenland, wo in den vergangenen Tagen Temperaturen von bis zu 45 Grad erreicht wurden. Wegen der Folgen eines Hitzschlags liegen noch weitere, insbesondere ältere Menschen, in den Krankenhäusern. Unter der sengenden Sonne breiten sich in weiten Teilen des Landes Waldbrände aus. Ursache der Hitze sind Luftströme aus der afrikanischen Wüste.