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Die Tourismusunternehmer auf den Balearen haben die geplante Kundgebung gegen die Ökosteuer für Urlauber, die am 1. Mai erhoben wird, abgesagt. Sie befürchten eine weitere Verschlechterung des Ansehens der Inseln im Ausland.

Es wäre ohnehin ein Trauermarsch geworden, denn die Buchungslage bleibt schlecht. Pere Cañellas, Präsident des mallorquinischen Hoteliersverbandes FEHM, spricht von einem Minus zwischen 25 und 30 Prozent. Nach dem kurzen Hoch zu Ostern herrscht in vielen Hotels gähnende Leere.

Und im Mai kommt die „Steuer auf Übernachtungen in touristischen Beherbergungsbetrieben”, die je nach Kategorie zwischen 0'24 und zwei Euro pro Person und Nacht beträgt.

Unter deutschen Reiseveranstaltern herrscht weiterhin Unklarheit, wie genau das balearische Finanzamt sich das Kassieren der Ökosteuer vorstellt. „Wie soll das funktionieren, wenn 100 Gäste auf einmal im Hotel einchecken, müssen die dann wegen der Steuer an einer Extra-Kasse Schlange stehen?”, fragen sich viele.

Das balearische Finanzministerium unterstreicht demgegenüber, dass die Ausführungsbestimmungen seit dem 6. April per Dekret erlassen wurden (Nummer 6661 und 6717 des balearischen Verkündigungsblattes). Außerdem sei an alle Hoteliers, Steuerberater, Anwälte und andere Beteiligten eine Infobroschüre gegangen, in der die technischen Details erklärt werden.

Danach funktioniert die Abwicklung der Ökosteuer analog etwa zur Mehrwertsteuer. Steuerpflichtig ist der Konsument, hier der Gast in einem touristischen Beherbergungsbetrieb, dort beispielsweise der Barbesucher, der einen Kaffee trinkt. Wie im Preis des Kaffees die Mehrwertsteuer von 16 Prozent enthalten ist, wird auf den Preis der Hotelübernachtung noch die Ökosteuer aufgeschlagen.

Das Finanzamt wiederum hat in beiden Fällen nichts mit dem Steuerpflichtigen zu tun, sondern mit demjenigen, der die Steuer eintreibt: dem Hotelbesitzer oder dem Betreiber der Bar, der den Kaffee verkauft. Dieser muss in gewissen Zeitabständen die eingetriebene Steuer an die Behörde abliefern. Bei der Ökosteuer gibt es dafür zwei Möglichkeiten.

Zum einen die der direkten Zählung. In drei Büchern muss penibel jede Zahlung aufgeschrieben werden, alle vier Monate, zum ersten Mal zwischen dem 1. und 20. September bittet dann das Finanzamt den Herbergsvater zur Kasse.

Oder die objektive Schätzung, bei der, wie berichtet, nach einem bestimmten Schlüssel die Zahl der Übernachtungen und die daraus resultierende Steuersumme errechnet wird. Dabei muss der Hotelbetreiber kein Buch über die einzelnen Zahlungseingänge führen, wohl aber den Klienten einen Beleg nach Modell 730 aushändigen, wie ihn Dekret 6717 vorschreibt.

Die Ökosteuer wird ab dem 1. Mai fällig. Da viele Urlauber bereits lange vor diesem Datum ihre Pauschalreise gebucht und bezahlt hatten, müssen sie jetzt aufgrund der Informationspflicht des Veranstalters über die Zahlungspflicht informiert werden. Deswegen hat der Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalter Verband DRV an alle Mitglieder ein Musterschreiben geschickt. Darin empfieht der Verband: „Da die Rechtmäßigkeit der Steuer vom Spanischen Verfssungsgericht überprüft wird, sollten Sie bei Zahlung eine Quittung verlangen und diese aufheben. Sollte das Gesetz für unzulässig erklärt werden, könnten Sie mit Hilfe dieses Belegs die gezahlte Steuer von der Regierung bzw. vom Beherbergungsunternehmen zurückfordern.” An den DRV-Musterbrief angelehnt werden die Reiseriesen World of TUI und Thomas Cook in diesen Tagen an ihre Kunden mit gebuchter Balearen-Reise Post schicken. Über den genauen Inhalt dieser Schreiben wird in den Konzernzentralen in Hannover und Oberursel voraussichtlich Anfang dieser Woche entschieden. Nach deutschem Pauschalreiserecht haben Kunden nach Erhalt des Schreibens das Recht, ohne Stornogebühr von der Reise zurückzutreten.

Viele Kunden haben das schon getan – und dieselbe Reise pfiffig zu aktuell rabattierten Preisen neu gebucht. Ob das zu nennenswerten Einnahmeausfällen führen wird, wie der mallorquinische Hotelverband befürchtet, bleibt abzuwarten.

Die Reiseveranstalter der Rewe-Gruppe (ITS, Jahn-Reisen, Tjaereborg) und Alltours halten daran fest, dass ihre Kunden die Taxe in der Sommersaison 2002 vor Ort nicht extra zahlen werden (MM berichtete mehrfach). Allerdings werden sie mitnichten die Kosten dafür aus eigener Tasche bezahlen, wie in der mallorquinischen Tagespresse zu lesen war. Vielmehr wird es der Hotelier sein, der diese Summe zum Großteil berappen muss. Zielgebietesverantwortliche der Touroperator, die in diesem Tagen zu Nachverhandlungen mit Hotelpartnern auf den Balearen waren, bestätigen das.

Dem regionalen Finanzministerium ist das egal. Wie aus dem Amt erklärt wurde, wird man sich in jedem Fall an den Betreiber des Beherbergungsbetriebes halten, der je nach Abwicklungsart die Steuer abzuführen hat – ob er sie vorher eingetrieben hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Deswegen liegt auch der GAB (größte anzunehmende Beschwerdegrund) in Händen des Hoteliers. Er muss damit umgehen, wenn etwa ein Gast, der seine Reise bereits vor Monaten gebucht hat, bei Vorlage des Übernachtungsgutscheins beim Einchecken die fällige Taxe nicht entrichten will. „Weil nicht auszuschließen ist”, warnt der DRV die Mitglieder, „dass sich vor Ort Kunden weigern werden, diese Steuer zu entrichten, müssen Sie mir Ihren Vertragspartnern klären, wie in diesem Fall zu verfahren ist. Sollte das Beherbergungsunternehmen dem Kunden die gebuchte und bezahlte Übernachtung verweigern, nur weil dieser nicht bereit ist, die Ökosteuer zu bezahlen, wäre dies nach unserer Einschätzung unangemessen und daher rechtlich nicht zulässig. Sofern es zu einer solchen Eskalation kommt und der Kunde abreist, wird er Sie als seinen Vertragspartner in Regress nehmen und möglicherweise vor Gericht Recht bekommen”.

Die balearischen Hoteliers erwägen deswegen eine ganze Serie von Vorgehensweisen. Zum einen könnten sie Kunden die Taxe schlicht erlassen. Andere überlegen, ihnen die Wahl zu lassen zwischen Bezahlen oder der Unterschrift einer rechtlichen Vollmacht, in dessen Namen gegen die Steuer zu klagen. Wieder andere wollen dem Gast im Gegenzug zur Abgabe Getränkebons geben, zahlt einer nicht, bekommt er halt keinen Bon.

Geklagt wird so oder so. Der Hotelverband ist gegen die Ausführungsbestimmungen bereits vor das balearische Verwaltungsgericht gezogen. Den einzelnen Mitgliedern wird nahegelegt, gegen die jeweiligen Zahlungsverfügungen des Finanzamtes zu klagen.

Zahlen will man zwischenzeitlich nicht an den Fiskus, sondern das Geld auf notariellen Anderkonten parken, bis die juristischen Auseinandersetzungen beendet sind. Die Sparkasse CAM hat angeboten, diese Konten kostenlos zu führen, allerdings nur, wenn die von den Kunden eingezogenen Gelder oder eine entsprechende Summe aus eigener Tasche auch auf ihnen deponiert werden.

Für den balearischen Ministerpräsidenten Francesc Antich ein weiterer Anlass zu betonen, dass die Projekte, die mit der Steuer finanziert werden sollen, auf jeden Fall durchgeführt werden. Nötigenfalls wolle man dazu Schulden machen.

Auch die Hoteliers wollen unbedingt ihr Gesicht wahren – und die Geschäfte ankurbeln. Deswegen planen sie eine Werbekampagne, um die Buchungen noch für diese Saison anzukurbeln. Dazu sollen beispielsweise Werbemittel an Reisebüros gegeben werden. Noch müssen die regionalen Hotelverbände diesem Vorschlag zustimmen.