In einer einst bäuerlich strukturierten Gesellschaft wie auf
Mallorca spielen die Haustiere eine ganz besondere Rolle. Sie haben
– wie in anderen Regionen der christlichen Welt auch – einen
eigenen Heiligen. Sant Antoni wird auf der ganzen Insel verehrt, am
meisten aber in Sa Pobla. Dort versammeln sich am Vorabend des
Antoniusfestes, zur Revetla de Sant Antoni, Jahr für Jahr
mindestens 10.000 Menschen. Für viele ist die Fiesta Ausdruck der
eigenen Kultur, der eigenen Identität, die es zu bewahren gilt.
Wichtig an diesem Abend ist die „Ximbomba”, ein
Rhythmusinstrument.
Die Poblers sind stolz darauf, dass es inzwischen zwei Schulen für
Ximbomba–Spieler gibt, in der Kinder zwischen drei und 14 Jahren
unterrichtet werden. Seit die Großeltern die Enkelkinder nicht mehr
unterrichten, fühlt sich die Gemeinde zuständig.
Die Ximbomba ist ein altes, traditionelles mallorquinisches
Instrument. Ein Tontopf wird mit einer Schweinehaut bespannt, in
der sich ein kleines Loch befindet. Durch das bewegt man einen
dünnen Bambusstab hin und her. Die Hand, die den Stab bewegt, muss
regelmäßig angefeuchtet werden.
Ebenso gab es den alten Brauch, dass die Kinder noch am Tag vor
der Fiesta zur Finca Sa Llebre gingen, um dort das Brennholz für
die großen Feuer der Antoniusnacht zu sammeln. Heute gehen die
Schulkindern mit Freunden und Lehrern zu der Finca, um dort zu
feiern. Feuer wird angezündet, man grillt, spielt und singt.
Natürlich immer zu den Klängen der Ximbomba.
Warum man zur Antonius–Nacht Feuer anzündet? Im frühen
Mittelalter litten auf Mallorca viele Menschen an einer Krankheit,
die durch pilzvergiftetes Korn hervorgerufen wurde. Die Haut der
Erkrankten wurde schwarz und starb schließlich ab. Sie hatten
Muskelkrämpfe, manchmal kam es zu geistiger Verwirrtheit. Als man
sich erinnerte, dass sich der Heilige durch das Entzünden von
Feuern vor den Versuchungen des Teufels zu schützen suchte, glaubte
man, dass die Feuer auch gegen die Krankheit nützen könne.
Sant Antoni feiert man in Sa Pobla seit 1357 als Schutzpatron.
Der Bischof Antoni Colell gründete in jenem Jahr die erste Pfarrei
des Ortes, nachdem im Jahr 1300 König Jaume II. Sa Pobla zur
„Vila”, zur Stadt, erklärt hatte. Sa Pobla erhielt damit auch das
Recht, eigene Münzen zu prägen.
Sant Antoni Abad wurde der Legende nach 251 n.Chr. in Heraklea
in Ägypten geboren. Mit 20 Jahren teilte er seinen Besitz an die
Armen und lebte fortan in einem Felsengrab. Immer wieder wurde er
von Dämonen und Teufeln in Versuchung geführt. Er starb im Jahr
356. Als seine Jünger ihn begruben – so erzählt die Legende – waren
Engel zu Gast.
Er ist der Schutzpatron der Haustiere, die an seinem Namenstag,
am 17. Januar, in vielen Dörfern und Städten gesegnet werden. Die
Legende erzählt, dass Antonius in seiner Barmherzigkeit für die
Tiere eines Tages ein kleines, kaum lebensfähiges Ferkel segnete,
das daraufhin sofort laufen konnte. Danach wich das Ferkel aus
lauter Dankbarkeit nicht mehr von seiner Seite. Im Rheinland nennt
man Sankt Antonius deshalb auch „Schweine–Tünn”. Auf Mallorca wurde
es zur Tradition, am Antonius–Tag dem Heiligen ein Schwein zu
opfern, auch wenn dieser Brauch jeder Logik entbehrt.
Antonius war auch den Menschen zugeneigt. Der Antoniterorden
widmete sich schon bald nach seinem Tod in den darauffolgenden
Jahrhunderten besonders der Krankenpflege. Im späten Mittelalter
zählte man 365 Spitäler.
Auf Mallorca verehrt man Sant Antoni seit Jahrhunderten,
immerhin war die Insel ursprünglich ein Land mit bäuerlichen
Lebensgemeinschaften.
Am Vorabend finden in Mallorcas Städten und Dörfern Prozessionen
statt, bei denen der Heilige Antonius in Versuchung geführt werden
soll. Dann kommt das Feuer über die Insel, große Scheiterhaufen auf
Straßen und Plätzen, um die die Teufel tanzen. Der Heilige wird –
wie auch die Teufel – von einem Mitglied einer
Antonius–Bruderschaft dargestellt; ihn verhöhnen die Teufel mit
allen Teufelsbosheiten, die sie auf Lager haben.
Natürlich gewinnt Sant Antoni regelmäßig, wie das bei
christlichen Mysterienspielen so ist: Die Guten sind immer die
Getauften, die Bösen sind die Teufel oder – wie sehr oft in Spanien
– die „Moros”, die Mauren, kurz die Ungläubigen. Hochwürden schlägt
also nur das Buch auf, das er unterm Arm trägt, macht das Zeichen
des Heiligen Kreuzes und beginnt ungerührt zu lesen. Das vertreibt
die Teufel, die in ihrem Zorn das tun, was auch Unteufel im Falle
von Zorn gerne tun würden: Sie zerschmeißen Geschirr, laut und
klirrend. Die Nacht vor dem Antonius–Tag, die Nacht vom 16. auf den
17. Januar, wird auf Mallorca auch „Nit de Bruixa” genannt:
Hexennacht. Außer in Sa Pobla feiert man Sant Antoni auch in Muro,
wo im Rahmen der Fiesta in diesem Jahr der deutsche Maler Herbert
Hundrich eine Ausstellung ausrichtet.
Ebenso in Artà, Consell, Costitx, Manacor, Mancor de la Vall,
Petra, María de la Salut, Ses Salines, Sant Joan, Santa Eugènia,
Son Servera und Vilafranca.
Am nächsten Tag, am 17. Januar, folgt die Segnung der Haustiere.
Die Bauern auf den Dörfern führen Schweine, Kühe, Ziegen und Schafe
vor, in den Städten erscheinen die Bürger und vor allem die Kinder
mit Hunden, Katzen, Kanarienvögel, Schildkröten und Goldhamstern.
Am schönsten ist dies zu beobachten in Palma in der Nähe der Kirche
Sant Miquel in der gleichnamigen Straße.
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