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Leere Stauseen, trockene Brunnen, Einschränkungen bei der Versorgung in einigen Gemeinden – das Wasserproblem hat Mallorca fest im Griff. Ohne die Meerwasser-Entsalzungsanlagen, die auf Hochttouren laufen, säße die Insel buchstäblich auf dem Trockenen. Jetzt rückt das Problem ins Blickfeld von Europäischer Union (EU) und Wissenschaft. Aus Brüssel fließen 2'6 Millionen Euro für das Forschungsprojekt Medis. Es soll in den kommenden vier Jahren Ansätze zur nachhaltigen Wasserversorgung für Mallorca, Korsika, Sizilien und Zypern entwickeln.

Koordiniert wird das Projekt vom Zentrum für Umweltforschung (Zufo) an der Universität in Münster. Seit acht Jahren betreiben dort Natur- und Sozialwissenschaftler interdisziplinäre Umweltlehre. Direktor ist der Geophysiker Manfred Lange. Im Medis-Projekt arbeiten die Westfalen mit dem Hydrologischen Institut Wallingford in England, der Universität Zypern, der griechischen Forth-Stiftung, der kretischen Regierung, sowie Experten der Universitäten Palermo, Korsika, und Barcelona zusammen.

Hintergrund von Medis ist die Wasser-Rahmenrichtlinie der EU, die im Dezember 2000 in Kraft trat. Ihr Ziel ist es, eine kostendeckende Wasserversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, bei der ein „guter ökologischer Standard” zu wahren ist.

„Zunächst werden wir eine Analyse des Ist-Zustandes vornehmen”, sagt Klaus Kraemer. Der promovierte Soziologe ist Geschäftsführer für die Gesellschaftswissenschaften im Zufo. „Die Nutzer-Struktur auf den Inseln ist sehr unterschiedlich”, sagt Kraemer. Auf Zypern sei die Landwirtschaft ein großer Wasserverbraucher, während auf Mallorca der Bedarf des Großraumes Palma mit den Touristenzentren an der Küste befriedigt werden müsse. Aus der Analyse der Entwicklung der Ressourcen in den vergangenen 30 Jahre wollen die Wissenschaftler Erkenntnisse für die Zukunft gewinnen. „Natürlich lassen sich Niederschlagsmengen kaum genau prognostizieren, aber wir haben sehr gute Daten. Da kann man gewisse Aussagen treffen”, so Kraemer.

Sozialwissenschaftler untersuchen parallel die sogenannte „Nachfrageseite”: Wer verbraucht das Wasser, welche Bedürfnisse gibt es, wer darf Brunnen bohren? Klaus Kraemer: „Wir wollen die vorhandenen Konflikte aufzeigen.” Letztendlich geht es bei Medis um die Erarbeitung gemeinsamer Strategien für eine effizientere und rationalere Gestaltung der Wasserversorgung. Wie kann sie tragfähig und zugleich auch umweltverträglich sein? Das ist die zentrale Frage. Und die könne durch die Meerwasser-Entsalzung nicht beantwortet werden, glaubt der Münsteraner. „Da kostet ein Liter Wasser so viel wie ein Liter Benzin. Das kann doch langfristig keine Lösung sein.”

Es gelte, den Verbrauch zu optmieren, betont Kraemer. Viele Möglichkeiten sind bekannt: Sanierung des maroden Leitungssystems, damit kein Wasser versickert, Modernisierung veralteter Kläranlagen, damit aufbereitetes Wasser wieder genutzt werden kann, der Einbau von wassersparenden Armaturen in Hotels und Haushalten. „Mallorca ist ein Paradebeispiel”, sagt Kraemer.

Damit es keine Arbeit im Elfenbeinturm wird, setzen die Wissenschaftler auf die Zusammenarbeit mit Untenehmen und Behörden auf den Inseln. „Welche das auf Mallorca sind, steht noch nicht fest, aber wir werden sie bald ansprechen und regelmäßig unsere Zwischenergebnisse mit ihnen gemeinsam öffentlich vorstellen.” Die Zeit für Verbesserungen drängt, das zeigen die aktuellen Daten. Die beiden Stauseen Cúber und Gorg Blau im Tramuntana-Gebirge stehen nach fünf Jahren Trockenheit bei gut 14 Prozent ihrer Kapazität, die Wassergesellschaft Emaya verzichtet derzeit auf eine weitere Nutzung.

Auch bei den natürlichen Wasservorkommen sieht es wenig besser aus. Durch die starke Entnahme drohen die Quellen von S'Estremera für die Versorgung der Bucht von Palma ebenfalls auszufallen. Ihr Wasserspiegel ist nach einer Untersuchung des Umweltministeriums in den letzten 15 Jahren um rund 100 Meter gefallen, liegt derzeit mehrere Meter unter dem Niveau des Meeresspiegels.

Auch bei den Fonts Ufanes, einem natürlichen Vorkommen in Campanet, zieht das Ministerium die Notbremse. Hier sollen keine neuen Brunnen mehr gebohrt werden.