Gleichgültig, um welche Art von Katastrophe es geht –
irgendeiner profitiert immer davon. Im Falle Rinderwahnsinn ist das
zum Beispiel die Pferdemetzgerei Figuerola in Palma. Seit 45 Jahren
und schon in der zweiten Generation wird in dem kleinen Geschäft
gegenüber der Markthalle Pere Garau nur Pferdefleisch verkauft.
Zwar hängen auch dekorative Tomatenzöpfe, Sobrasadas und Schinken
von der Decke, aber das Frischfleisch kommt nur von Rossen der
eigenen Finca zwischen Campos und Sa Rápita.
Bartolomé und Josefina Figuerola betonen: Fressen, das heisst
für ihre Tiere Alfalfa oder Luzerne, Heu und Weizen – basta. Der
Begriff Tiermehl kommt weder in ihrem Wortschatz noch in den
Futterkrippen der Finca vor. Außer den ,,Schlacht–Rössern” halten
die Figuerolas Reitpferde aller Rassen und verkaufen sie und das
nötige Zubehör in ihrem zweiten Spezialgeschäft ,,Equitacion” in Es
Rafal, Palma.
Seit BSE sozusagen in aller Munde ist, erlebt die
Pferdemetzgerei einen nie gekannten Boom. Die Besitzer drücken es
in ein paar Zahlen aus: ,,Vorher haben wir vier Pferde pro Woche
geschlachtet, jetzt sind es acht bis neun.” Kein schlechter Deal
mit dem hirnzerfressenden Schreckgespenst. Die neue Kundschaft –
darunter auch viele Deutsche – schnuppert zunächst mal zögerlich
rein, schaut das dunkelrote Fleisch kritisch an und will es genau
wissen, bevor sie kauft. Woher kommt das Fleisch, was fressen die
Tiere, was ist mit Antibiotika oder Wachstumshormonen? ,,Kein
Thema”, winkt Bartolomé energisch ab. Antibiotika müssen freilich
schon mal sein – bei bestimmten Erkrankungen zum Beispiel, ,,das
ist wie beim Menschen”. Aber dann kommen die Tiere nicht auf die
Schlachtbank im Großmarkt von Mercapalma. ,,Frühestens einen Monat
nach beendeter Behandlung werden sie geschlachtet, dann sind die
Wirkstoffe wieder völlig abgebaut”.
Was selbst die Figuerolas – überzeugte Pferdefleischesser – nach
all den Jahren mit treuer Stammkundschaft überrascht: ,,Leute, die
sich früher beim bloßen Gedanken an solches Fleisch geschüttelt
hätten, kommen, wenn sie es probiert haben, immer wieder”. Dabei
sind die besten Bissen nicht etwa billig. Ein zartes Fohlenfilet
zum Beispiel ist unter 3500 Pesetas pro Kilo nicht zu haben, Leber,
Hirn und sonstige Innereien bleiben allerdings unter 1000
Pesetas.
Hirn? ,,Claro, unsere Kunden vertrauen uns, und unsere Pferde
sind kerngesund.” Ihr Fleisch sei extrem mager und cholesterinarm,
aber reich an Protein, Mineralien und Spurenelementen.
Da sagt auch ein Vierbeiner nicht nein. Bartolomé verweist mit
Stolz auf den hauseigenen Hundefutter– Hit. Hackfleisch aus
Abfällen mit Möhren vermischt – eine Delikatesse für 150 Pesetas
das Kilo.
Apropos Preise. Franzosen, traditionell begeisterte
Pferdefleischkonsumenten, leisten sich die besten Stücke nur
selten, weil sie in Frankreich fast doppelt so teuer sind wie bei
Figuerola. Weshalb manche am letzten Urlaubstag hier Schlange
stehen und Filet am Stück mitnehmen.
Aus französischer Cuisine stammt auch das Rezept ,,Cocotte à la
pomme”. Josefina empfiehlt: Pferdekotelettes mit Schmalz in der
Pfanne anbraten, dann in einer ,,Greixonera”–Tonform zur Seite
stellen. In derselben Pfanne fein geschnittene Apfelscheibchen der
Sorte ,,Golden” mit einem Glas Wein, Cognac oder Whisky an-dünsten,
mit Salz und Pfeffer würzen, über die Koteletts geben, alles auf
kleiner Flamme eine halbe Stunde simmern lassen, und vor dem
Servieren mit Sahne übergiessen. Als Beilage gibt es Kartoffelpurée
oder gedünstetes Gemüse.
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