Die Tourismusbranche ist verunsichert: Die Buchungen für
Mallorca liegen ausgerechnet in Deutschland, dem Markt Nummer eins,
im Minus. Auch wenn die Experten damit rechnen, dass sich das
Vorjahresergebnis wiederholt, schlägt jede schlechte Nachricht auf
die Stimmung. Zum Beispiel die kontroverse Öko-Abgabe für Touristen
eine solche: Jetzt hat die Taxe die erste Hürde im balearischen
Parlament genommen. Im Unterausschuss stimmten am Mittwoch alle
Mitglieder der Regierungskoalition für die Vorlage, die
PP-Opposition votierte dagegen. Noch im Februar wird der Entwurf in
den Ausschüssen behandelt, die Plenardebatte ist im März
vorgesehen. Ende nächsten Monats könnte die Ecotasa verabschiedet
werden, die Einführung wäre im September möglich.
Mit der Abgabe, die auf Übernachtungen in Hotels erhoben wird,
sollen Umweltprojekte finanziert werden. Kritiker befürchten, dass
die Verteuerung des Reiseziels Balearen Urlauber abschrecken
könnte. Insbesondere aus Deutschland, wo es schon eine Ökosteuer
gibt. Ob sich die Alemanes wirklich davon abhalten lassen, ist
unklar - aber was passiert eigentlich, wenn wirklich weniger
deutsche Urlauber nach Mallorca kommen?
Für Pepe Negrón, Sprecher des balearischen
Tourismusministeriums, ist das zwar eine rein hypothetische Frage
(„es wird keine großen Veränderungen geben”), aber vorsorglich
macht das Fremdenverkehrsamt Ibatur besonders viel Werbung in
Frankreich, Italien, in Osteuropa und auf dem spanischen Festland.
„Nachdem der spanische Markt schon 2000 um sechs Prozent gewachsen
ist, erwarten wir weitere hohe Zuwachsraten.” Während der Jahre des
Deutschen-Booms hatten die frühbuchenden Alemanes den
spätentschlossenen Südeuropäern keine Hotelbetten übrig gelassen –
jetzt haben diese Mallorca-Fans wieder gute Chancen, eine
Unterkunft zu bekommen. Für Harald Oberkirch, Balearen-Chef bei
C&N (Condor/Neckermann), ist das ein schwacher Trost: „Das sind
Märkte, die maximal acht Wochen im Jahr laufen, während der
deutsche fast ganzjährig für gute Auslastungen sorgt.”
Negrón betont, dass der Individualtourismus auf Mallorca im
Verleich zum Pauschaltourismus stetig ansteigt. Das bestätigt Toni
Fuster, Sprecher des mallorquinischen Hotelverbandes FEHM. So komme
es, dass am Flughafen Palma die Passagierzahlen aus Deutschland
praktisch stabil bleiben, die Auslastung in den Hotels dagegen um
sechs Prozentpunkte im Jahr 2000 gesunken sei. Außerdem, so Fuster,
kommen immer mehr Deutsche statt für 14 Tage nur für ein
verlängertes Wochenende oder um in einer privaten Ferienimmobilie
zu wohnen – dadurch bleibt die Zahl der Fluggäste gleich, aber die
Zahl der Übernachtungen nimmt ab.
Den Effekt von weniger Pauschalgästen spüren beispielsweise die
Veranstalter von Ausflügen. „Schon seit zwei, drei Jahren ist der
Verkauf von Exkursionen rückläufig”, weiß Juan Carlos Alía,
TUI-Sprecher auf den Balearen. Wer einmal eine Inselrundfahrt
gemacht hat, macht im folgenden Jahr nicht gleich wieder eine,
bestätigt Ludger Trapp, Statthalter des Reiseveranstalters ITS auf
den Balearen. Zwar kann nach seiner Meinung jeder Urlauber, der
will, immer neue Ausflüge unternehmen, doch wenn die Nachfrage
wirklich deutlich zurückgehen sollte, müssten eben Termine
zusammengelegt werden. „Dann gäbe es nicht mehr tägliche Abfahrten,
sondern vielleicht nur noch drei oder vier pro Woche.” Das würde
die Veranstalter von Ausflügen zwingen, Personal zu reduzieren.
Karin Schreitz, die eine große Inselrundfahrt in Pkw organisiert,
führt gegenwärtig nur an drei oder vier Tagen Touren durch, sonst
waren es um diese Jahreszeit sechs pro Woche. Deswegen kommt sie
zur Zeit mit drei Mitarbeitern aus, in der Hochsaison ab April –
wenn sie normal läuft – braucht sie zehn oder zwölf.
Die Hessin weiß aber auch von anderen Problemen: Etwaige
Rückgänge treffen nicht alle gleich. So verzeichnet sie für ihre
Ballerfun-Tour, die Besuchern feucht-fröhlichen Spaß an der Playa
de Palma verspricht, deutliche Einbußen, seit das Rathaus das
nächtliche Musikverbot ausgesprochen hat und Kneipen, die sich
nicht daran halten, dichtmacht.
Diese Probleme hätten auch Hoteliers zu erwarten, die sich
besonders auf Kunden aus einem Land spezialisiert haben, wenn
dieser Quellmarkt nicht mehr so fleißig sprudelt. Harald Strombeck,
Manager der Garden-Hotel-Gruppe, die viele Häuser exklusiv mit
deutschen Gästen belegt hat, weiß, „dass ich einen Rückgang aus dem
deutschen Markt auch nicht mit einem noch so hohen Zuwachs aus
anderen Märken ausgleichen kann”. Allerdings wäre auch ein kleines
Minus für ihn kein Beinbruch, „schließlich haben die Hoteliers
lange hervorragend verdient, dann wäre es halt ein bisschen
weniger.”
Auch Miquel Vicens, Präsident des mallorquinischen
Fremdenverkehrsvereins Fomento weiß, dass es nicht leicht wäre, ein
Minus der deutschen Urlauberzahlen auszugleichen. Hart träfe es vor
allem Geschäfte, die sich nur auf deutsche Urlauber spezialisiert
haben. „Ein Oberbayern könnte ohne die deutschen Touristen nicht
existieren, das müsste man dann zur Casa Curro umwandeln”, so der
erfahrene Touristiker.
Es sei denn, der deutsche Unternehmer hat rechtzeitig für einen
ausreichend großen Stammkundenkreis gesorgt. Helga und Udo vom
Restaurant „Alt Köln - bürgerlich” in Can Pastilla sagen, dass „es
jeden trifft, aber unser Geschäft läuft nach elf Jahren durch die
Stammkunden immer gut”. Man lebe nicht von den Schönen und Reichen,
biete gute Schnitzel und moderate Preise: „Wir werden auch ohne
Boom überleben, und was können wir mehr wollen als ein gutes
Geschäft?” Auf eine andere Nation als Klientel zu setzen, ist nicht
einfach, denn „jede Nationalität hat eine andere Art, Urlaub zu
machen”, weiß ein Unternehmenssprecher des Nemo-U-Boots. „Franzosen
fahren auf Kultur ab, bei Spaniern geht nichts ohne gutes Essen,
Briten wollen viel Fun und gehen über den Preis. Besonders wichtig
ist auch die Sprache: Jeder Gast wird am liebsten in seiner
Muttersprache angesprochen, Russen können meist nichts anderes.
Viele Besitzer kleinerer Hotelketten machen sich Sorgen. Sie
befürchten, dass die Hotels, die zu Reisekonzernen gehören (TUI ist
an RIU und Grupotel, C&N an Iberostar beteiligt), von ihren
Partner-Veranstaltern bevorzugt gefüllt werden. Lothar Buss,
C&N-Bereichsvorstand, kann das nicht nachvollziehen: „Wir
können unsere Beteiligungshotels gar nicht pushen, denn der Kunde
entscheidet, welche Unterkunft er buchen will.”
Sollten sich wider Erwarten die Zahlen doch nach unten
entwickelt, müsste man als Reiseveranstalter mit den
Partnerhoteliers nachverhandeln, um die Preise, vor allem aber die
Kontingente, deren Abnahme garantiert ist, zu reduzieren. „Deswegen
haben die Veranstalter zur Zeit auch mit einem möglichen Rückgang
ein deutlich größeres Problem als wir”, sagt ein Hotelier, der
seinen Namen mit dieser Aussage nicht in der Zeitung lesen will.
Toni Fuster von Hotelverband bestätigt, dass der hohe Anteil von
Garantieverträgen und Vorauszahlungen einen Rückgang abfedern
würde.
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