Jeden Morgen das gleiche Bild: Tausende Radtouristen starten an der Playa de Muro zu ihren Inselrundfahrten.

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"Im Vergleich zum letzten Jahr habe ich rund 30 Prozent mehr Umsatz", verrät Thomas Schauer, der in Port d'Alcúdia unter dem Namen Bicimed.com eine Radwerkstatt mit Radverleih betreibt. Schauers Aussage verdeutlicht den Trend: Der Radtourismus boomt weiter. Vor allem die Zone Playa de Muro und die Playa de Palma profitieren, dort befinden sich die Epizentren der Radler. Und jetzt ist absolute Hochsaison.

Der immer stärker werdende Radtourismus hat Teile von Mallorca verändert. An der Playa de Muro wird das besonders deutlich. Offenbar haben inzwischen alle geöffneten Hotels Installationen für Radler. "Zurzeit sind die Urlauber hier ja fast ausschließlich Radtouristen", weiß Thomas Schauer.

An der Playa de Muro gesellen sich zu den Andenkenläden jetzt die Büros von Radreiseveranstaltern, man kann überall Drahtesel leihen, statt mallorquinischer Handwerks-kunst kaufen viele Urlauber Rad-Zubehör als Souvenir. Davon lebt auch die Familie Perelló aus Sa Pobla. Jerónimo Perrelló arbeitet im Bicycle-Shop "Wheelssport" an der Playa de Muro. Sein Vater hat schon 1986 den ersten Laden in Port d'Alcúdia eröffnet, damals wurden auch Motorräder vermietet, später verlegte man sich aufs Rad. Eine weitere Rad-Boutique in Can Picafort folgte. "Vor neun Jahren haben wir dann hier an der Playa de Muro angefangen. Der Radtourismus wurde immer mehr. Vor fünf Jahren ist er dann explodiert", erzählt Jerónimo. "Jedes Jahr machen neue Radläden auf. Als wir vor neun Jahren angefangen haben, gab es nur Max Hürzeler und uns."

Max Hürzeler. Dieser Name fällt in fast jedem Gespräch, wenn es um Radtourismus im Norden der Insel geht. Der frühere Schweizer Radsportler begann Ende der 80er Jahre damit, Radler zum Urlaub nach Mallorca zu locken. Das Logo seiner Firma "Bicycle Holidays", die der Gründer inzwischen verkauft hat, ist überall präsent. Auch Toni Bestard von der Touristeninformation weiß: "Max Hürzeler hat viel für die Playa de Muro getan. Er ist sehr beliebt und hat immer noch ein Haus hier." Ohne die Radsportler sähe es in der Nebensaison anders aus in der Zone. Früher hatten die Hotels geschlossen, wenn noch keine Badezeit war. Jetzt öffnen sie wegen der Drahteselurlauber. "Ich würde sagen, der Boom begann vor etwa zehn oder 15 Jahren", so Toni Bestard.

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Klientel kann inzwischen nicht mehr vernachlässigt werden. Dem balearischen Fremdenverkehrsamt ATB zufolge kommen dieses Jahr zwischen Februar und Mai 140.000 Radtouristen, was einen Anstieg um 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr bedeutet. Die durchschnittlichen Tagesausgaben eines dieser Urlauber werden mit 160 Euro angegeben, insgesamt geht es um ein Volumen in Höhe von rund 110 Millionen Euro. Laut Hotelverband gibt es 120 Herbergen auf der Insel, die sich vom Angebot her optimal auf Radfahrer eingestellt haben. Ihre Gäste stammen vor allem aus Deutschland, Großbritannien, der Schweiz, Dänemark, Norwegen und Schweden.

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Der frühere deutsche Radprofi Marcel Wüst kommt seit mehr als 20 Jahren nach Mallorca. Schon in seinen Zeiten als Aktiver gehörten lange Trainingsaufenthalte zum Jahresprogramm. Heute beherbergt er in seiner "Casa Ciclista" in Cala Murada Radtouristen und fährt mit ihnen über die Insel. Wenn Wüst darüber nachdenkt, was früher anders war, dann meint er: "Eigentlich gar nicht viel. Die großen Veränderungen betreffen nur die Playa de Palma und die Playa de Muro." Sicher habe sich die Menge der Radler geändert und auch der Zustand der Straßen. In den vergangenen Jahren investierte die öffentliche Hand in immer neue Radwege. Vorhandene Straßen werden besser instandgehalten. Wüst: "Früher bist du von Felanitx nach Son Mesquida gefahren und musstest zweimal die Reifen wechseln. Das ist nicht mehr der Fall." Das Straßennetz auf der Insel habe sich positiv entwickelt. "Man kann auch hervorragend abseits der verkehrsreichen Straßen fahren."

Wüst hat die Erfahrung gemacht, dass Mallorquiner und Spanier schon immer radsportbegeistert gewesen sind. Man habe die Radtouristen auch früher mit offenen Armen empfangen. "Jetzt kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu", so Wüst. "Sie sind einfach ein Wirtschaftsfaktor." Und die Radtouristen spülen Geld in Kassen, in denen von Sommer-Sonne-Strand-Urlaubern nichts landet. Dank den Radlern blühen kleine Dörfer im Inselinnern auf. So zum Beispiel Petra. Um die Mittagszeit fallen Hunderte Radfahrer in den Ort ein, Plätze auf den Terrassen der Bars sind begehrt. Ein gutes Geschäft für die Restaurant-Betreiber. Eine von ihnen ist Isabel Torrens Bauzá vom "Ca na Bel", die dort seit 28 Jahren Gäste bewirtet. "Radfahrer hatten wir schon immer. Aber seit zehn Jahren sind es so viele." Und was wird bevorzugt geordert? "Bocadillos, Pasta, Salate. Und natürlich unsere hausgemachte Mandeltorte."

Warum gerade Petra ein Mittags-Hotspot der Radler ist, das führt Torrens darauf zurück, "dass unsere Plaça so schön ist", eine größere Rolle dürfte die zentrale Lage spielen. Auch in anderen Orten wie Bunyola, Porreres oder Llucmajor ist mittags die Hölle los.

"Mitte Mai endet die Saison, im September geht es dann wieder los", sagt Jerónimo Perelló. Im November, Dezember und Januar lässt seine Familie den Radladen geschlossen. "Weil dann die Hotels auch zu sind." Jerónimo könnte sich vorstellen, dass die Saison noch weiter verlängert wird. "Wenn das Wetter im November so ist wie in den vergangenen Jahren, warum nicht?"

An der Playa de Palma läuft der Radtourismus praktisch den ganzen Winter. Vorteil der Zone: Dort buchen in der Nebensaison nicht ausschließlich Sportler. Außerdem kommen Radler auch mal übers Wochenende, weil die Anreise wegen der Airport-Nähe schneller geht.

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