In einem Gericht in Palma stapeln sich die unbearbeiteten Akten. Manche Behörden sind schlicht und einfach überlastet. | Foto: Jaume Morey

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Einen guten Ruf hat Spaniens Verwaltungsapparat wahrlich nicht. Als das Meinungsforschungsinstitut CIS kürzlich im Rahmen seiner regelmäßigen Stimmungsbarometer Bürger zu dem Thema befragte, fiel das Ergebnis eindeutig aus: Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben an, der Umgang mit der Verwaltung sei schwierig. Fast die Hälfte der Befragten bewertete das Funktionieren der spanischen Bürokratie als "schlecht" oder sogar "sehr schlecht". Fast zwei Drittel gaben an, die Verwaltung funktioniere heute genauso wie oder schlechter als vor zehn Jahren.

"Die Bürokratie ist eine enorme Hürde für die Bürger", sagt Alfonso Rodríguez von der Verbraucherschutzvereinigung Facua. "Es ist bezeichnend, dass wir in Spanien Hilfe in Anspruch nehmen müssen, wenn wir mit der Verwaltung zu tun haben." Nirgendwo sonst in Europa gebe es ein derart dichtes Netz an "Gestorías" - Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, den Bürgern Ämtergänge abzunehmen. "Das sagt eigentlich alles."

Nicht nur Alltagserfahrungen leiderprobter Inselresidenten, auch internationale Studien unabhängiger Institutionen belegen das mangelhafte Funktionieren des spanischen Verwaltungsapparates. Auch die Balearen-Regierung räumt ein, dass hier einiges im Argen liegt. So nennt der 2011 beschlossene "Plan zur Vereinfachung der Verwaltungsvorgänge" gleich mehrere Baustellen: Die Gesetze sind zu kompliziert und zum Teil widersprüchlich, die Bürger haben keinen Zugang zu wichtigen Informationen, viele Verfahren sind zu umständlich und dauern zu lange.

Personalmangel kann dabei rein statistisch gesehen nicht das Problem sein. Laut dem Jahrbuch 2011 des spanischen Finanzministeriums waren im vergangenen Jahr im öffentlichen Dienst insgesamt 2,69 Millionen Personen beschäftigt. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 2011 laut statistischem Bundesamt 4,6 Millionen Personen. In beiden Ländern kommt also ein Beamter oder Verwaltungsangestellter auf ziemlich genau 17 Einwohner.

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Victor Lapuente ist Spanier, Politikwissenschaftler an der Universität im schwedischen Göteborg und Experte für die Verwaltungsapparate im internationalen Vergleich. Spaniens Bürokratie bezeichnet er als "nicht tauglich". Er hält die fehlende Effizienz der Verwaltung für ein Erbe der Franco-Diktatur. Die Ausbildung der Beamten und Verwaltungsangestellten bedürfe dringend einer grundlegenden Reform.

"Dazu kommt die extreme Politisierung des spanischen Verwaltungsapparats", sagt Lapuente. Posten, die in anderen Ländern von Beamten besetzt sind, bekleiden in Spanien Politiker. Kürzlich sorgte eine interne Studie der spanischen Regierung für Wirbel, die offenbar belegt, dass in keinem europäischen Land so viele Posten in der Verwaltung unter politischen Kriterien vergeben werden, wie in Spanien. "Das führt zu größerer Ineffizienz und steigert die Gefahr der Korruption", sagt Lapuente.

Größeres Kopfzerbrechen scheint das Problem den Spaniern jedoch nicht zu bereiten. Laut dem Stimmungsbarometer des Meinungsforschungsinstituts CIS nannten gerade einmal 0,4 Prozent der Befragten das Funktionieren der Verwaltung als eines der drängendsten Probleme des Landes.

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Die schwerfällige Bürokratie hat schon immer die Kreativität von Schriftstellern und anderen Kunstschaffenden geradezu beflügelt. Der Kurzfilm "036" von Juan Fernando Andrés Parrilla y Esteban Roel García Vázquez kam beim 9. Jameson Notodo-Filmfestival ins Finale.