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Für "bird watching" gibt es eigentlich keine richtig schöne Übersetzung, noch weniger für "twitching", dieses "freudige Zucken", das leidenschaftliche Vogel-Beobachter befällt, wenn sie das Objekt ihrer Begierde endlich leibhaftig vor Augen haben. In England, seiner alten Heimat, so Michael Montier aus Portopetro, der seit 40 Jahren Vögel in freier Natur studiert, herrsche unter "bird watchers" ein regelrechter Wettbewerb, wie viele Vogelarten man schon in natura zu Gesicht bekommen habe.

Während es in England rund 580 verschiedene Arten gebe - rund 225 hat er selbst schon mit bloßem Auge gesehen - , seien es auf Mallorca "nur" etwa 340: "Es könnten aber deutlich mehr sein, wenn man entsprechende Reservate einrichten würde." Und das wäre weit mehr als eine Natur- und Umweltschutzmaßnahme, so Michael Montier: "Die Bildung solcher Schutzgebiete könnte auch eine ganz neue Klientel aus Natur- und Ökotourismus auf die Insel bringen."

Schon jetzt biete Mallorca zahlreiche Vogelparadiese, von denen die wenigsten wissen. Die Fülle an besonderen Spezies sei für ihn schon vor 25 Jahren der Grund gewesen, regelmäßig auf die Insel zu kommen, bevor er vor vier Jahren mit seiner Familie nach Portopetro zog: "Es gibt kaum einen besseren Ort für das Beobachten von Vögeln als Mallorca." Wer wisse schon, dass etwa zurzeit im Gebiet rund um Ses Salines rund 200 rosa Flamingos zu bewundern sind: "Und es könnten viel mehr sein, wenn man ihnen den entsprechenden Lebensraum böte."

Mit dem Naturpark Mondragó hat Michael Montier ein weiteres solcher Paradiese fast direkt vor der Haustür, und es vergeht kein Tag, an dem er nicht auf Vogelschau ("birding") geht: "Mindestens ein bis zwei Stunden, am Wochenende auch mal acht, neun Stunden." Auch das Bóquer-Tal bei Pollença durchstreift er schon seit Jahren - und natürlich das Naturschutzgebiet Albufera: "Leider ist diese Region zunehmend vom Ausbau von Golfplätzen bedroht."

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Es sei bedauerlich, so Michael Montier, dass den Verantwortlichen offenbar nicht klar sei, wie irreversibel die Zerstörung solcher Naturräume sei: "Dabei ist der grüne Tourismus immer mehr im Kommen. Schon jetzt reisen allein aus England jährlich über 30.000 ,bird watcher' nach Mallorca - gerade in der Nebensaison. April und Mai wie auch September/Oktober sind die wichtigsten Zeiten für die Zugvögel, die im Frühjahr aus Afrika hierherkommen und im Herbst wieder in den Süden fliegen."

Die Leidenschaft fürs "birding" könne man nur schwer erklären, man müsse es erleben: "Es ist vielleicht dieser männliche Jagdinstinkt - nur dass wir die Vögel nicht vor die Flinte, sondern vor die Linse kriegen wollen", lacht er. Vögel "abzuschießen" findet er abstoßend: "Genau wie die Kisten mit toten Vögeln, die ich auf den Märkten gesehen habe."

Seine eigene Begeisterung für Vögel kommt aus frühester Kindheit. Schon als Fünfjähriger, als Stadtkind aus London, begleitet er seinen Großvater Albert, der auf dem Land lebt, gern auf Spaziergängen: "Er war der erste und einzige Erwachsene, der sagte: ,Psst. Hör mal'." Derart sensibilisiert für Vogelstimmen begleitet ihn diese Liebe zur Natur durchs Leben, auch als er als Psychotherapeut, später in einem Hospiz arbeitet: "Als ich Menschen beim Sterben begleitet habe, wurde mir bewusst, wie wertvoll das Leben ist.

In der Natur wird einem dieser Reichtum besonders klar." Und so engagiert er sich auch auf Mallorca für die Einrichtung von mehr Reservaten. Vögel, sagt er, könnten uns Menschen etwas über Freiheit lehren - und Nachhaltigkeit: "Mitnehmen kann ich nichts, wenn ich diese Welt einmal verlasse. Die zentrale Frage ist: Was hinterlasse ich?"