Visitación Crespo kennt sich als Aktivistin der Gewerkschaft UGT auf Mallorca mit den Problemen von Frauen im Arbeitsleben aus. | Foto: E. Ulmer

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Fast nirgendwo sonst in Spanien ist das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen so gering wie auf den Balearen. Lediglich die Kanaren schneiden noch besser ab. Das sagt die Arbeitergewerkschaft UGT in einem gerade veröffentlichten Bericht.

2013 verdienten weibliche Beschäftigte auf den Balearen im Schnitt 18.998 Euro und damit knapp 16 Prozent weniger als Männer mit 22.584 Euro. Spanienweit beträgt der Unterschied 24 Prozent, in einigen Regionen wie Navarra oder Galicien sogar über 30 Prozent. Und während die Gehaltsschere im Rest des Landes immer weiter auseinandergeht, ist sie bei uns in den letzten Jahren kleiner geworden. So weit, so gut. Hinter den Zahlen sieht das Bild leider nicht so rosig aus.

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Der Grund für das abnehmende Einkommensgefälle auf den Balearen seien nicht etwa bessere, sondern schlechtere Arbeitsbedingungen, sagt Visitación Crespo, die in der UGT für Sozialpolitik und Gleichstellung zuständig ist. Insgesamt lägen die Gehälter hier unter dem spanischen Durchschnitt. Bei den Männern betrage der Unterschied zwölf Prozent, bei den Frauen 2,65 Prozent. Problematisch sei neben der starken Saisonabhängigkeit der balearischen Wirtschaft insbesondere die Tendenz zu schlecht bezahlten, zeitlich befristeten Arbeitsverträgen, meint Crespo. Je prekärer das Arbeitsverhältnis, desto geringer sei der Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern. Bei unbefristeten Verträgen dagegen vergrößere er sich auf über 18 Prozent.

Die Lohnkluft habe zwei Hauptursachen, sagt die Gewerkschafterin. Zum einen arbeiteten Frauen häufiger Teilzeit oder in prekären Beschäftigungsverhältnissen. "Fast immer sind es Frauen, die sich entschließen oder dazu gezwungen sehen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, damit sie sich um Kinder kümmern oder Familienangehörige pflegen können. Lediglich im öffentlichen Dienst ist es möglich, im Rahmen einer Vollzeitstelle Familie und Beruf zu vereinbaren. Im Tourismussektor geht das nicht." UGT fordert deshalb die Schaffung von öffentlichen Kindertagesstätten, Vorschuleinrichtungen und Pflegezentren mit einkommensgestaffelten Preisen für die Nutzung.

Ein zweiter Grund sei Lohndiskriminierung. Das Gesetz schreibe zwar gleiches Gehalt für die gleiche Arbeit vor, doch das gilt nur für das Grundgehalt. Bei einzelnen Lohnbestandteilen, sogenannten "Conceptos", gebe es durchaus Handlungsspielraum. "Dazu gehören zum Beispiel Sonderzahlungen für besondere Kenntnisse oder Anreize. Das kann viel ausmachen. In einem von uns untersuchten Unternehmen auf Mallorca bekommen Frauen 48 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen in derselben Gehaltsklasse." (ecu)