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Woher kommt die Weihnachtskrippe?

Als Begründer gilt Franziskus von Assisi. Der Legende nach inszenierte er 1223 im italienischen Greccio die Weihnachtsgeschichte mit lebenden Menschen und Tieren. Für Christen war Bethlehem seit jeher ein beliebtes Pilgerziel. Damit auch Menschen die Geburtsstätte Jesu verehren konnten, die keine Möglichkeit hatten, dorthin zu reisen, stellte man sie um die Weihnachtszeit in den Kirchen nach - vor dem 16. Jahrhundert jedoch nur mit einem mit Stroh gefüllten Futtertrog, in dem das Jesuskind lag. Die spanischen und katalanischen Worte "belén" und "betlem" für Weihnachtskrippen leiten sich von Bethlehem ab.

Wann kam die Weihnachtskrippe nach Mallorca?

Die älteste Krippe der Insel befindet sich im Hospital General in Palma, in der Kapelle de La Sang. Bis 1843 stand sie im Franziskanerkonvent Nostra Senyora dels Àngels und war laut Überlieferung eine von sieben Figurengruppen an Bord eines Schiffes, das 1536 vor Mallorca in Seenot geriet. Der Kapitän rief die Mutter Gottes um Beistand an und gelobte, bei seiner Rettung eine Figurengruppe zu stiften. Das Licht des Franziskanerkonvents wies den Seeleuten den Weg in den sicheren Hafen. Daraufhin schenkte der Kapitän dem Kloster jene Figuren, die heute in der Capilla de La Sang stehen. Um 1600 herum verbreitete sich der Krippen-Brauch in den Klöstern, ab dem 19. Jahrhundert auch in den Häusern der Mallorquiner.

Gibt es charakteristische Merkmale für mallorquinische Krippen?

Typischerweise steht die Krippe mit dem Jesuskind nicht in einem Stall, sondern in einer Höhle. Meist ist die Höhle aus Kork gefertigt und mit Neules geschmückt.

Was sind Neules?

Auf Mallorca waren Neules ursprünglich kreisrunde Teigstücke. Während der Christmette wurden sie in den Kirchen als Gebäck-Girlanden aufgehängt, die am Ende des Gesangs der Sibil·la mit einem Schwerthieb durchtrennt wurden. Die Neules wurden dann von der Gemeinde verspeist. Da dies zu Unruhe während der Messe führte, ersetzte man das Gebäck durch weiße, scherenschnittartige Papierkreise mit biblischen Motiven. Lange dienten sie als Kalender: Die größeren zeigten die Wochen an, die kleineren die Tage, die bis zur Fastenzeit verblieben. Heute dienen die Neules als reine Kirchen- und Krippendekoration.

Welche Krippenarten gibt es auf Mallorca?

Im 17. Jahrhundert kamen Krippen als Schaukasten auf. Das älteste erhaltene Exemplar steht im Konvent Santa Clara in Palma. Weitere Exemplare gibt es im Museum des Klosters Lluc und im Monestir de la Puríssima Concepció in Palma. An beiden Orten kann man auch Betlems de retall betrachten. Sie wurden ebenfalls ab dem 17. Jahrhundert hergestellt und bestehen aus ausgeschnittenen bemalten Pappfiguren. Verbreitet sind seit dem 19. Jahrhundert folkloristische Krippen. Die bekannteste konnte man 27 Jahre lang im Rathaus von Palma sehen. Sie stellte die traditionellen Berufe auf dem Land, in der Stadt und am Meer dar. Weil sie zu viel Platz in Anspruch nahm, wurde sie dieses Jahr durch eine neue, handgemachte Weihnachtskrippe mit Orten und Alltagsszenen aus Palma sowie mit klassischen Szenen der Geburt Christi ersetzt. Untypisch für Mallorca: Die Krippe mit dem Jesuskind steht nicht in einer Höhle, sondern in einem Torbogen der Stadtmauer von Palma.

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In welche Kategorie gehören die Klosterkrippen?

Sie stellen eine eigene Kategorie dar. Ihre meist größeren Figuren sind kleine Kunstwerke und als Skulpturen zu sehen. Das Jesuskind ist oft mit wertvollen Stoffen bekleidet und mit Schmuck versehen. Dabei handelt es sich um Gaben gläubiger Bürger an die Konvente.

Welches sind die bedeutendsten Krippen auf Mallorca?

Wegen ihres historischen und künstlerischen Werts stehen diese drei Weihnachtskrippen unter Denkmalschutz: Die bereits erwähnte Krippe der Kapelle de La Sang in Palma ist das ganze Jahr über zu sehen. Experten fanden heraus, dass die 1,20 Meter große Marienfigur und der 1,40 Meter große Figur des Joseph aus dem 15. Jahrhundert stammen. Von großem künstlerischen Wert ist auch die Hauptkrippe im Monestir de la Puríssima Concepció aus dem 17. Jahrhundert. Man kann man sie von Samstag, 20. Dezember, bis Sonntag, 4. Januar, besichtigen. Ganzjährig ist die neapolitanische Krippe aus dem 18. Jahrhundert im Palau March in Palma ausgestellt. Sie enthält rund 2000 Teile. Die markanten Gesichter der Figuren erinnern stark an die italienische Commedia dell'arte. Bedeutend ist zudem die Krippensammlung im Museum des Klosters Lluc.

Wann werden die Weihnachtskrippen aufgestellt?

Das ist sehr unterschiedlich. Im Kaufhaus "El Corte Inglés" steht die Weihnachtskrippe bereits seit dem 26. November, in der Kirche Santa Catalina Tomás in Palma wird sie erst an Heiligabend aufgebaut. Traditionelles Stichdatum ist der Thomastag am 21. Dezember. Dieser Brauch wird noch häufig praktiziert: Die Heiligen Drei Könige werden Tag für Tag näher an die Krippe gerückt, bis sie am 6. Januar vor dem Jesuskind stehen. Abgebaut werden die Krippen gewöhnlich nach dem Dreikönigstag. Einige wenige bleiben bis zu den Patronatsfesten Sant Antoni am 17. Januar oder Sant Sebastià am 20. Januar aufgestellt.

Welche bedeutenden Krippenbauer gab es auf Mallorca?

El Mestre de les Verges Rosses, der Meister der rosafarbenen Jungfrauen, lebte vermutlich von 1750 bis 1815 in Manacor. Er verwendete als Erster auf Mallorca Blattgold für die Köpfe der Marienfiguren und Engel. Den Spitznamen "Santet" (Kleiner Heiliger) trug die Krippenbauerfamilie Segura. Ihr Begründer Josep Fernández Segura stammte aus Andalusien, lernte seine Handwerkskunst in Katalonien und Rom, bevor er sich Mitte des 19. Jahrhunderts in Palma niederließ. Seine Figuren sind vom katalanischen Stil beeinflusst und an Hosen aus Schafwolle erkennbar. Zwei Vereinigungen von Krippenbauern gibt es auf Mallorca, und beide beziehen sich auf Francesc Rosselló (1928-2000). Rosselló zeichnete 25 Jahre lang für die - nicht folkloristische - Weihnachtskrippe von Sant Antoniet im Carrer Sant Miquel in Palma verantwortlich, die jedes Jahr ihr Aussehen veränderte.

Was ist ein Caganer?

Diese Figur, zu Deutsch Scheißer, ist nicht mallorquinischen, sondern katalanischen Ursprungs. Sie zeigt einen Bauern beim Verrichten seiner Notdurft - vermutlich ein Sinnbild für den Kreislauf der Natur und das Düngen der Erde. Gemeinhin gilt er als Glückssymbol. Heute werden auch Politiker, Sportler, Pop- und Filmstars als Caganer dargestellt. Manche sollen sogar stolz darauf sein, weil sie darin einen Beweis für ihre Berühmtheit sehen. Mittlerweile gibt es auch ein urinierendes Pedant, den Pixaner.

(aus MM 50/2014)