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Die in der vergangenen Woche von der spanischen Regierung angekündigte Rentenreform hat sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während in Teilen des Landes Demonstrationen und Streiks gegen die Neuregelung stattfanden, zeigten sich Politiker fast aller Parteien zufrieden mit dem Ergebnis, das der sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero nach langen Verhandlungen mit Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern verkündet hatte.

Die noch ausstehende Zustimmung des Parlaments scheint gesichert. Die Reform gilt als eine weitere unabdingbare Sparmaßnahme, um die maroden spanischen Staatsfinanzen zu sanieren.

Nachdem zuvor bereits der Kündigungsschutz gelockert worden war, ging es nun also um Spaniens Sozialversicherung. Die Seguridad Social steht vor einer schwierigen Zukunft, der demografische Wandel stellt das spanische Sozialsystem vor eine Zerreißprobe. Während es immer weniger Beitragszahler gibt, steigt die Zahl der Bezieher von Versicherungsleistungen.

Waren im Dezember 2007 noch fast 20 Millionen Menschen in Spanien sozialversichert, sank deren Zahl seitdem krisenbedingt auf 17'5 Millionen im vergangenen Dezember. Zum ersten Mal in der spanischen Geschichte reichten die von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gezahlten Beiträge (fast 95 Milliarden Euro) nicht aus, die Ausgaben für die Rentenzahlungen (fast 96 Milliarden) zu decken, wie die Tageszeitung "El País" kürzlich berichtete.

Angesichts einer steigenden Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten stehe die Zukunft des spanischen Sozialsystems auf dem Spiel, argumentiert die Regierung in Madrid. Lag die durchschnittliche Lebenserwartung in Spanien im Jahr 1975 noch bei 73'7 Jahren, sind es heute 81'4 (Frauen: 84'5 Jahre, Männer: 78'4, auf den Balearen etwas niedriger).

Das Durchschnittsalter aller Spanier liegt heute bei 40'8 Jahren, im Jahr 1975 waren es noch 33'2. Die Zahl der Über-64-Jährigen derweil ist in Spanien seit 1975 von etwa zehn auf mehr als 17 Prozent gestiegen.

Dabei ist die Altersrente nur ein Ausgabenposten, den die Seguridad Social hat, wenn auch der mit Abstand größte. Die spanische Sozialversicherung deckt darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Dinge ab, wie etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Elternschaft und Mutterschutz, Witwen- und Waisenrente sowie Berufsunfähigkeit.

Finanziert werden diese Leistungen vor allem durch die Beiträge der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Das Geld wird entweder wie auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung vom Lohn einbehalten, oder muss von Selbstständigen regelmäßig abgeführt werden.

Die Leistungen der Seguridad Social garantieren meist nur einen sparsamen Lebensstil. So liegt die durchschnittliche Altersrente in Spanien bei 892 Euro - auf den Balearen noch etwas darunter (810 Euro), was daran liegt, dass auf Mallorca besonders viele Menschen nur in der touristischen Saison Arbeit haben und deshalb im Laufe ihres Arbeitslebens weniger Geld in die Rentenkasse einzahlen.

Die Inselbewohner haben es also tendenziell schwerer, die neuen Mindestbeitragszeiten zu erfüllen. Auch deshalb sind private Rentensparpläne, die alle Banken und Sparkassen anbieten, auf Mallorca weit verbreitet.

Die Reform im Detail
>>> Das reguläre Renteneintrittsalter steigt ab 2013 bis 2027 stufenweise auf 67 Jahre. Viele Menschen werden also länger arbeiten müssen.

>>> Der Berechnungszeitraum zur Bestimmung der Rentenhöhe steigt ebenfalls schrittweise ab 2013, von derzeit 15 auf 25 Jahre. Die Renten dürften deshalb in Zukunft im Durchschnitt niedriger ausfallen, da die Gehälter in der Regel am Ende des Berufslebens am höchsten sind.

>>> Um die Rente in voller Höhe zu bekommen, sind bestimmte Beitragszeiten nötig. Diese werden angehoben. Für jeden Monat, den dieser Beitragszeitraum unterschritten wird, sinkt die Rente um 0'19 Prozent. Um überhaupt einen Rentenanspruch in Spanien zu haben, sind 15 Beitragsjahre nötig (zwei davon in den letzten 15 Jahren vor Rentenbeginn).

>>> Man kann auch weiterhin mit 65 in Rente gehen und das volle Ruhegeld kassieren, allerdings nur, wenn bestimmte Beitragszeiten erfüllt sind. Diese steigen ab 2013 kontinuierlich bis auf 38'5 Jahre.

>>> Auch die Rente mit 63 ist weiterhin möglich. Allerdings muss man dafür 33 Beitragsjahre angesammelt haben. Außerdem reduziert sich die Rentenhöhe in diesem Fall erheblich – um 7'5 Prozent pro Jahr.

>>> Erziehungszeiten werden künftig berücksichtigt. Pro Kind reduziert sich die geforderte Beitragszeit um neun Monate (Maximum: zwei Jahre).

>>> Wer auch mit 67 noch nicht genug vom Arbeiten hat, kann seinen Renteneintritt verzögern – und bekommt dafür dann später 3'5 Prozent mehr Rente pro Arbeitsjahr.