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Im grünen Licht der uralten Eichen rauscht das Wasser über die bemoosten Steine. Wenn überhaupt, dann ist Mallorca hier, an dieser Stelle, wirklich magisch. Wild-romantische Bachläufe im Bergwald, wo sich das Nass als weiße Kaskaden in die Tiefe stürzt, so muss die Insel einst ausgesehen haben, als die ersten Menschen das Eiland betraten und in das Innere der fremden, neuen Welt vordrangen.

Ein wenig Pioniergeist von damals hat sich erhalten; auch wenn heutzutage alles von der sportlich-freizeitlichen Seite genommen wird: Wagemutige junge Menschen, angetan mit wärmenden Neopren-Anzügen samt Bergsteigerausrüstung, erkunden den Lauf der Wildwasser durch die Bergschluchten. Der Höhepunkt solch nicht ungefährlicher Klettertouren ist stets das Abseilen in Wasserfällen.

"Barranquismo" oder "Canyoning" heißt diese Sportart, die in den 1980er und 1990er zusehends Zulauf fand. Auch auf Mallorca, denn die Insel ist mit ihrem lediglich 100 Kilometer langen Tramuntana-Gebirgszug mindestens ebenso gut mit Felstälern und Klammen dotiert, wie die zentralen Pyrenäen oder die französischen und italienische Alpen. Auf der Insel gelten (nach Regenfällen) elf reißende Gebirgsbäche - die sogenannten "Torrents" - als Klassiker für eine feuchte Klettertour durch das ausgewaschene Gestein der Berge.

Es sind dies die Torrents de Llí und Salt de Vistamar (beide Valldemossa), der Coanegra (Santa Maria), L'Ofre und Na Mora (Sóller), Gorg des Diners, Comafreda, Gorg Blau und Almandrà (Escorca) sowie die Torrents Fondo de Mortitx und Salt del Molinet (Pollença), wie das Wochenmagazin "Brisas" der Tageszeitung "Ultima Hora" berichtete.

Nahezu allen Torrents und Wasserfällen gemeinsam ist, dass man für den Abstieg in ihnen körperlich topfit und zudem extrem erfahren im Bergsteigen sein muss.

Und dennoch bleiben tödliche Unfälle nicht aus. Erst vor wenigen Wochen starb ein Feuerwehrmann beim Abseilen in seiner Freizeit am Wasserfall von Orient am Oberlauf des Coanegra-Tales. Es war das zweite Unglück im Vorjahr, nachdem bereits zuvor ein Mann am Wasserfall des Molinet ums Leben gekommen war. Die Zahl der Torrents mit Todesfällen stieg damit seit der Erstdurchquerung des Gorg-Blau-Abschnitts Sa Fosca 1965 auf sieben.

Gleichwohl sind die Wasserfälle von Orient noch am ehesten geeignet, um auch von unbedarften Wanderern aus der Nähe betrachtet zu werden. Man gelangt zu ihnen vom Grillplatz aus, der an der Landstraße zwischen Orient und Bunyola liegt. Dort parken und das Absperrgatter talwärts übersteigen. Dann geht es ein knappes Stündchen den Weg Richtung Wald längs, dort befinden sich die Wasserfälle unweit einer verfallenen Mühle. Vorsicht, der Weg ist teils matschig. Und die feuchten Steine sind ebenfalls rutschig!