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Sie waren einst die Stars der bunt-alternativen Politszene, und ihr rätselhafter Tod machte sie zu einem der tragischsten Liebespaare der deutschen Nachkriegsgeschichte. Petra Kelly wurde – so die Polizei – am 1. Oktober 1992 im Schlaf von Gert Bastian erschossen, der dann die Waffe gegen sich selbst richtete. Es dauerte drei Wochen, bis jemand das ungleiche Paar vermisste. Als die Bluttat in der Bonner Privatwohnung entdeckt wurde, ging die Nachricht um die Welt und wurde auch auf Mallorca mit Betroffenheit zur Kenntnis genommen.

Hier auf der Insel waren Kelly und Bastian Naturschützern und Linksparteien ein Begriff. Sieben Jahre vor ihrem Tod waren die zierliche Vorkämpferin in Sachen Umwelt, Abrüstung und Minderheitenrechte sowie ihr 24 Jahre älterer Lebenspartner, der Ex-Bundeswehrgeneral, Ehrengäste eines Kongresses, den das Rathaus von Palma ausgerichtet hatte. In zwei Wochen jährt sich das Ereignis zum 20. Mal.

Am 4. Juni 1985, einem Dienstagabend, sprach Petra Kelly im Teatre Municipal, damals noch Teatro Cine del Palacio del la Prensa, am Paseo Mallorca im Rahmen des städtischen Veranstaltungszyklus „Cultura Fin de Siglo” (Kultur zur Jahrhundertwende) über das zum Thema „El Partido Verde: un nuevo concepto de poder” (Die Grünen: ein neues Regierungskonzept).

Die Einladung an die Grünen-Bundestagsabgeordnete war auf Betreiben der mallorquinischen Naturschutzorganisation GOB zustande gekommen, erinnert sich deren damaliger Präsident Xavier Pastor im Gespräch mit MM. „Die Grünen hatten 1983 den Einzug ins Parlament geschafft. Für uns, die wir uns auf Mallorca für den Naturschutz engagierten, war das ein ganz außerordentliches Ereignis.”

Petra Kelly nahm die Einladung gerne an, bestand aber darauf, dass Gert Bastian sie begleiten müsse, erinnert sich Pastor. Das Paar wurde in einem Hotel in der Jaime III. untergebracht. Die Grünen-Politikerin verzichtete auf ihr Vortragshonorar zugunsten einer Krebs-Stiftung. (Ihre Halbschwester war 1970 im Alter von zehn Jahren an Augenkrebs gestorben. Kelly gründete daraufhin die Grace W. Kelly-Vereinigung zur Unterstützung der Krebsforschung für Kinder).

Petra Kellys Erscheinung hat sich in Xavier Pastors Gedächtnis eingebrannt. „Sie wirkte so zerbrechlich und gesundheitlich fast angegriffen, aber auf der Bühne, am Rednerpult, war sie sehr stark, sehr energiegeladen. Sie hatte unglaubliches Charisma.”

Auch Gert Bastian ist Pastor gut in Erinnerung geblieben. Er habe sich stets sehr liebevoll um Kelly gekümmert, sei ihr bei jedem Schritt hilfreich zur Seite gestanden. Etwa bei einem Ausflug, den der junge GOB-Präsident für das Paar durch die Serra de Tramuntana organisierte. Pastor kutschierte die Gäste in seinem Privatwagen durch Valldemossa, Deià und Sóller. Immer reichte Bastian dabei Kelly die Hand, etwa beim Aufstieg zum Aussichtsturm Torre de Ses Ànimes. „Sie wirkten auf mich mehr wie Vater und Tochter.”

Welchen Eindruck hatte Petra Kelly von der Insel? „Die Kombination aus Zerstörung und Bewahrung erschütterte sie”, sagt Pastor. Die Grünen-Politikerin habe einerseits die Schönheit der Landschaft, des Meeres genossen. Sie sei sich aber andererseits der negativen Auswirkungen des Massentourismus, insbesondere der deutschen Mallorca-Nachfrage und der massiven Bebauung bewusst gewesen. „Sie schien mir so, als müsste sie sich irgendwie dafür schämen”.