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Der Wirtschaftskrise in Deutschland und allen Unkenrufen zum Trotz: Pere Salvà, Experte für Migration an der Balearenuniversität, kann bislang kein nachlassendes Interesse der Deutschen an ihrer Lieblingsinsel oder gar einen Rückstrom nach Deutschland erkennen. Nach seinen Worten leben derzeit knapp 28.000 Deutsche permanent auf den Inseln und weitere 30.000 Deutsche verbringen einen großen Teil des Jahres (zwischen drei und neun Monate) auf den Balearen.

Der typische Deutsche auf Mallorca ist über 55 Jahre alt. Er muss nicht mehr arbeiten und ist im Besitz einer Immobilie. Er ist an das Internet angeschlossen. Er hat eine private Krankenversicherung. Er ist an der Kultur der Region interessiert. Und er nutzt deutsche Medien, um sich zu informieren.

Das Profil der Deutschen auf Mallorca hat Pere Salvà im Rahmen einer noch unveröffentlichten Studie zum Thema „Immigration auf den Balearen” erfasst. Für die Forschungsarbeit hatte Salvà eine ausführliche Befragung unter 1300 Menschen durchführen lassen. Geplant war, dafür etwa 100 Deutsche zu befragen. „Doch das gestaltete sich schwierig”, so Salvà. „Die Deutschen auf Mallorca sind sehr zugeknöpft, wenn sie über sich Auskunft geben sollen. Vor allem, wenn es um das Thema Geld geht.” Dabei seien die Umfragen von Menschen durchgeführt worden, die aus dem Umfeld der Zielgruppe stammen. So waren sie zum Beispiel deutschsprachig. „Die Engländer waren wesentlich offener”, so Salvà. Anstelle der erhofften 100 kamen nur 75 Fragebogen ausgefüllt zurück. Immerhin lieferten sie mit jeweils 84 Fragen und Antworten eine Fülle von Informationen.

Von den knapp 58.000 Deutschen auf Mallorca sind knapp 21.300 in den Rathäusern der Städte und Gemeinden angemeldet. Etwa 6500 leben ohne „empadronamiento” auf den Inseln. Als Hinweise auf diese „inoffiziellen Bürger” dienten Salvà zum Beispiel Informationen von Fluggesellschaften und der Stromverbrauch in den Wohnungen. Knapp 30.000 Deutsche leben einen Teil des Jahres auf Mallorca oder einer der Nachbarinseln: „Es lässt sich darüber streiten, ob es sich dabei nun um Langzeiturlauber oder Residenten handelt”, so der Uni-Professor.

Die Deutschen stellen damit immer noch weit mehr als die Hälfte aller Einwanderer aus EU-Ländern und der Schweiz (insgesamt rund 100.000 Menschen). Sie heben das Durchschnittsalter der Immigranten aus dem Norden: Mehr als 43 Prozent seien über 55 Jahre alt. Laut Pere Salvà hängt das mit der relativ guten Infrastruktur an Seniorenresidenzen für Deutsche zusammen, die beispielsweise für Engländer, die zweitstärkste Nationalität in dieser Gruppe, völlig fehlt: So kommt es, dass die meisten Engländer im Alter, wenn der Partner gestorben ist, wieder ins Heimatland zurückkehren.

Von den Deutschen leben 48 Prozent in einer Paargemeinschaft, 19 Prozent sind Singles, 24 Prozent leben in Trennung und rund acht Prozent sind verwitwet. Lediglich 60 Prozent der Deutschen auf Mallorca haben Kinder (davon 58 Prozent zwei Kinder und 25 Prozent ein Kind). Für Salvà bedeutet der relativ hohe Anteil der kinderlosen Paare, dass sie mobiler sind und über eine relativ hohe Kaufkraft verfügen.

Denn mehr als 60 Prozent der Deutschen auf den Balearen sind Rentner. 13 Prozent arbeiten als Selbstständige, 27 Prozent sind angestellt. Etwa ein Viertel der Deutschen auf Mallorca sind Akademiker.

Das Klima und der mediterrane Lebensstil wird von knapp 60 Prozent der Befragten als Motiv für den Umzug nach Mallorca angegeben. 27 Prozent nannten die Arbeit als ausschlaggebend. „Kurios”, so Pere Salvà: „Ein Viertel der Deutschen sagten, dass es ihnen im Heimatland nicht so gut gegangen sei.” Fast ein Viertel zog Freunden oder Familienangehörigen hinterher, die ihren Platz an der Sonne bereits vorher ergattert hatten. 20 Prozent nannten den Beginn des Rentnerdaseins als Grund für einen Umzug.

Drei Viertel der Befragten hätten angegeben, dass sie sich durch den Umzug nach Mallorca finanzielle Vorteile erwarteten: entweder, weil sie annahmen, sie lebten in Spanien günstiger, oder weil sie sich Steuervorteile erhofften. Salvà schränkt ein, dass diese Daten bereits im Jahr 2000 erhoben wurden. Ob die Einschätzung auch heute, nach dem erheblichen Anstieg der Preise und der Lebenshaltungskosten, noch gilt, wagt er nicht zu bewerten.

Dennoch geht er davon aus, dass es den meisten Deutschen auf Mallorca finanziell gut geht: 47 Prozent der Residenten erhalten Geld aus Deutschland (die meisten mehr als 1450 Euro im Monat), davon etwa ein Drittel aus Einkünften oder Kapital, zwei Drittel beziehen Renten oder befinden sich im Vorruhestand.

Zwei Drittel der deutschen Residenten besitzen laut Umfrag eine Immobilie. Jeweils etwa die Hälfte von ihnen lesen deutsche beziehungsweise spanische Zeitungen. Etwa zehn Prozent haben sich irgendwann einmal schlecht behandelt gefühlt: „Dabei geht es aber nicht um persönliche Kontakte mit Einheimischen, sondern um Erfahrungen mit Behörden oder der Polizei.” Die allermeisten fühlen sich so wohl, dass sie für immer bleiben wollen.