TW
0

Rund eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben in Algerien ist in den Häfen des Archipels wieder Ruhe eingekehrt. Die Bilanz des Naturschauspiels: rund 100 gesunkene Boote, vor allem auf Menorca und an der mallorquinischen Levanteküste, sowie vielerorts zerstörte Hafeneinrichtungen. Am Dienstag und Mittwoch kam es im algerischen Katastrophengebiet Bumerdés zu zwei schweren Nachbeben mit einer Stärke von 5'8 und 5'2.

Das Beben mit Epizentrum in Küstennähe (Stärke 6'7) erreichte am vergangenen Mittwoch die Balearen mit einer Stärke von 3'5 auf der nach oben offenen Richterskala. Für Schäden sorgten aber nicht die Erschütterungen, sondern die anrollenden Wassermassen. Dass es sich bei den bis zu zwei Meter hohen Wellen um einen lupenreinen Tsunami handelte, steht für den Ozeanographen der Balearen-Universität, Sebastià Monserrat, außer Frage. Denn: „Auslöser der Wellen war das Erdbeben.” Tsunamis treten besonders im Pazifik auf, wo sie nicht selten eine Höhe von mehr als zehn Meter erreichen.

Die anfängliche Theorie von einer „rissaga”, Naturphänomen mit ähnlichen Charakteristiken, schlossen Experten rasch aus. Laut Monserrat besteht der grundlegende Unterschiede zu einem Tsunami darin, dass „rissagas” durch abrupte Luftdruckschwankungen entstehen.

Tsunamis sind zunächst mit bloßem Auge nicht auszumachen. Auf dem offenen Meer betragen die Schwankungen des Meeresspielgels oft nur zehn Zentimeter. Die Länge der Welle beträgt dagegen oft mehrere hundert Kilometer, so Physiker Monserrat. Die Reisegeschwindigkeit einer solchen Welle hängt von der Tiefe des Ozeans ab. „Je tiefer das Meer, umso schneller bewegen sich die Wassermassen.” Vierhundert Kilometer in einer Stunde legen solche Wellen problemlos zurück.

Kritisch wird es erst, so der Ozeanograph, wenn sich die Welle auf Land zubewegt. Mit der Meerestiefe verliert die Welle an Geschwindigkeit, bäumt sich wie ein zusammengeschobener Teppich auf und gewinnt zunehmend an zerstörerischer Energie. Die Folgen des Zuammentreffens von Welle und Land sind bekannt.

Allerdings entfalten derartige Wellen nicht überall die gleiche Kraft. „Häfen wirken generell als Verstärker”, erklärt der Wissenschaftler, „die einen mehr, die anderen weniger”. Entscheidend ist zudem die geographische Ausrichtung des Hafens. Der Tsunami der vegangenen Woche traf beispielsweise auf Mallorca nur Häfen an der Levante– und der Südküste.

Tsunamis sind laut Monserrat auf den Balearen eine absolute Seltenheit. Seine Erklärung dafür, dass die Behörden keine rechtzeitige Warnung ausgaben. (rad)