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Die Milchwagen der Meierei Bolle wurden noch von Pferden gezogen, im Tiergarten gab es Bierzelte, auf der Spree fuhren „Appelkähne”, und die Menschen pfiffen Schlager von Paul Lincke. In diesem Berlin wurde Herbert Heinrich am 2. Oktober 1922 geboren. Jetzt feiert der Wahl-Malloquiner seinen 80. Geburtstag.

Man muss sich den kleinen Herbert vorstellen mit Matrosenanzug und modischem Haarschnitt: kahler Kopf mit Bürste vorn. Es war die Zeit, als Kinder noch „Zigarettenbilder” sammelten und die Familien in die Sommerfrische fuhren. 1933, bei Hitlers „Machtübernahme”, war Herbert Heinrich elf Jahre alt; ein Jahr später starb seine Mutter.

1939 trat Heinrich eine Lehre bei Telefunken an. Unfreiwillig und ungerne. „Ich wollte schon immer Künstler werden”, sagt er heute im Rückblick. Während der Schulzeit war er der Einzige in seiner Klasse, der nicht Offizier werden wollte. 1941, mit 19 Jahren, wurde er zum Arbeitsdienst nach Russland einberufen. Kurze Zeit später zog man ihn als Soldat für Erwin Rommels Afrikakorps ein. Bei der Schlacht von El–Alamein geriet er in britische Kriegsgefangenschaft.

Herbert Heinrich sah die Kriegsgefangenschaft auch als Chance, das Ende des Krieges zu erleben. Doch erst am 28. Februar 1947 wurde er entlassen. Ein Jahr später begann er eine Ausbildung an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. „Wir lernten Zeichnen, Kalligraphie, Aktzeichnen etwa, wir lernten Kunst. Als ich dann später als Werbe– und Gebrauchsgrafiker meine ersten Kunden hatte, konnte ich für sie nicht nur die grafischen Aufträge erledigen, sondern auch die Texte machen. Damit war ich meinen Mitbewerbern voraus.”

Mehr als 30 Jahre arbeitete Herbert Heinrich in der Werbung und für Messen, wie etwa für die „Grüne Woche” in der Berlin oder Wanderausstellungen wie „Rationell verpacken”. Er war tätig für die Verkaufsförderung von Kaffee Hag in Bremen und lieferte Grafik und Design für Avon Cosmetics. Ende der 50er Jahre heiratete Herbert Heinrich; sein Sohn Steffen ist heute 43 Jahre alt.

1954 besuchte er zum ersten Mal Mallorca, verliebte sich sehr schnell in die Insel und kaufte gut 20 Jahre später seine heutige Wohnung in Cala Fornells. Er mag den Blick auf die umliegenden Buchten und Felsen, geht bis heute regelmäßig in der Calò des Monjo zum Schnorcheln und Schwimmen. 1983 ließ er sich endgültig auf der Insel nieder.

Seitdem tut er, was er als unfehlbares Mittel gegen das Altern in allen Bereichen hält: er bewegt Kopf und Beine. Das heißt im Klartext, er wandert mehrmals wöchentlich durch Mallorcas Berge, erforscht Geschichte und Bräuche der Insel. Und er behält seine Weisheiten und Erkenntnisse nicht für sich .

Elf Bücher umfasst die Heinrichsche Bibliothek inzwischen. Mit dem Älterwerden beschäftigt er sich in „Unruhestand unter Palmen – Erfahrungen und Tipps von einem, der sich erfolgreich auf Mallorca zur Ruhe gesetzt hat”. Die „Mallorca–Fibel für Jung und Alt” war ursprünglich vor allem für Kinder gedacht, hat sich aber auch für Erwachsene als nützlich erwiesen. Der Band „Verliebt in Mallorca” beinhaltet Geschichten und Feuilletons; ein Buch ist dem österreichischen Erzherzog Ludwig Salvator gewidmet. Dazu mehrere Wanderbücher für die Regionen Südwest und das Tramuntana–Gebirge.

Alle Bände, erschienen beim mallorquinischen Verlag Editorial Moll, sind witzig und humorvoll illustriert. Ein reiches und erfülltes Leben, in dem natürlich auch Frauen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten. Heinrichs Ehe in Deutschland wurde nach 22 Jahren geschieden. Auf Mallorca lernte er – natürlich beim Wandern – Lisa Buckel kennen, mit der er zehn Jahre lang zusammenlebte. Ihre schwere Krankheit hat sie ihm lange Zeit verschwiegen: „Sie wollte mich nicht belasten”, sagt er. Ihr Tod war ein schwerer Schlag für ihn.

Heute spielt die Mallorquinerin Catalina Barceló die entscheidende Rolle in seinem Leben. Was nicht immer problemlos ist. Catalina, mit der Figur eines jungen Mädchens, dem Charme einer Dame und der Energie einer mehr als emanzipierten Frau, hat immerhin neun Kinder und 14 Enkelkinder. Das bringt Verpflichtungen. So bleibt oft nur das Wochenende für gemeinsames Wandern und Unternehmungen.

Ein neues Buch ist in Arbeit. In „Zeitzeugen” will Herbert Heinrich über seine Kindheit und Jugend berichten. Ansonsten wandert er und schreibt und genießt das Leben.

Hatte er ein glückliches Leben? „Seit ich auf Mallorca bin, JA!” sagt er. Und fügt gleich ganz pragmatisch hinzu: „Mit Papier und Bleistift bin ich ja schon eine Fabrik.” Auch das ist ein Rezept, um alt zu werden.