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Ein Kastell am Berg, eine steinalte Kleinstadt, wo sich schon Hannibal mit den Römern gekloppt hat – die Erwartungen sind hoch gesteckt. Um so größer die Enttäuschung. Sagunt beziehungsweise Sagunto an der spanischen Ostküste ist hässlich, verrammelt, verbaut, verschandelt mit veralteten Industrien, während sich auf dem schmalen Landstreifen zwischen Meer und Bergen Autobahnen, Landstraßen und Schienenstränge quetschen. Der einstige Reichtum der Gegend, die Orangenhaine, stauben wie traurige Relikte am Straßenrand ein.

Die Ostküste Spaniens läuft Mallorca den Rang ab, heißt es. Es fliegen immer weniger Deutsche nach Mallorca, dafür boomen die Airports von Malaga, Alicante, Valencia. Die Bundesbürger werden Mallorca den Rücken kehren – zu teuer, zu verbaut, zu unfreundlich – und sich neue Ferienparadiese und Residenzen an den Costas Daurada, Blanca und Sol erschließen, heißt es.

Heißt es! Denn die Sorge, Mallorca könnte zum von allen verlassenen Aschenputtel des Mittelmeeres verkommen, ist unbegründet. Der Sonneninsel kann die Ostküste in Sachen Schönheit und Attraktivität das Wasser nicht reichen. Auch wenn es derzeit so aussieht, dass viele Mallorca fernbleiben – frustriert von Touristen-Abgabe, Teuro-Euro und dem herablassenden Gebaren der Inselpolitiker.

Nun ist Sagunt nicht die spanische Ostküste schlechthin. Aber schön ist es etwa in Valencia auch nicht. Schon die Ankunft mit dem Schiff im Hafen ist ernüchternd. Grau in Grau, flach die Landschaft – erst recht nach dem Eindruck der zyklopenhaften Küsten Mallorcas von See aus. Gewaltige Hochhäuser schieben sich in den Himmel, („Bronx” nennt das ein Kollege), dazwischen steckt das neue Wissenschaftsmuseum wie das Skelett einer Eidechse. Die Strände im Norden: Langweile pur. Und günstiger ist es in den Geschäften und Lokalen auch nicht.

„Ich sage nur Torrevieja”, meint eine Bekannte. „Das sind so typische Urbanisationen, wo Deutsche leben, eine Stadt aus der Retorte, der blanke Horror.” Sie schaudert. „Und Torremolinos”, wirft ein Kollege ein. „Und Benidorm”, beschreit ein anderer die Abstrusitäten. „Verbaut, verbaut, nicht nur in España”, sagt ein vierter Kollege, „die ganze Côte d'Azur ist dicht mit Beton. Dagegen ist Port d' Andratx harmlos!” Keine Bange, Mallorca, die Ostküste, sie kann dir nichts.