69733 – Die Häftlingsnummer auf Max Liebsters Arm ist noch
deutlich zu sehen und so unauslöschlich wie die Erinnerungen in
seinem Gedächtnis. Fünf Jahre lang hat der junge Mann aus Bensheim
an der Bergstraße das Martyrium von fünf Konzentrationslagern
erlitten. Er war Jude und traf in den Lagern auf andere Häftlinge,
die nicht wegen ihrer jüdischen Abstammung deportiert waren, auf
die „Bibelforscher”, die „Zeugen Jehovas”, die ihn aufgrund ihrer
Geradlinigkeit und Standhaftigkeit sehr beeindruckten: „Sie nahmen
das 6. Gebot – Du sollst nicht töten – ganz wörtlich”, sagt er.
Nach der Befreiung aus Buchenwald ging er in die Vereinigten
Staaten, um hier für die Bibelforscher tätig zu werden. Hier lernte
er die junge Simone Arnold kennen, die schon als 13–Jährige von der
Geheimpolizei Gestapo ins Kreuzverhör genommen und in ein
Erziehungsheim eingewiesen wurde. Ihre Eltern waren Bibelforscher
und wurden 1941 verhaftet, überlebten Dachau und Mauthausen. Simone
Arnold hat sich geweigert, den Hitlergruß zu sagen. Ihre
Begründung: „Heil gebührt nur Gott.” Die beiden heirateten und
leben seit vielen Jahren in Frankreich.
Sie sind – gemeinsam mit Magdalena Kusserow und Ruth Danner –
die Protagonisten einer Ausstellung, die zur Zeit im Schloss
Bellver zu sehen ist, organisiert durch den „Kreis der internierten
und deportierten Zeugen Jehovas”. Sie dokumentiert die
Diskriminierung, Deportation und Ermordung der Bibelforscher durch
die Nazis. Magdalena Kusserows Eltern wurden schon 1936
aufgefordert, ihrem Glauben schriftlich abzuschwören, was sie
verneinten; zwei ihrer Brüder wurden wegen Wehrdienstverweigerung
erschossen, bzw. geköpft: „Die Nazischergen wollten Munition
sparen.”
Ruth Danner wurde ebenfalls wegen ihres Glaubens verhaftet und
verbrachte Jahre in Konzentrationslagern. Das schlimmste sei
Frankenstein gewesen, wo schon dreijährige Kinder für ein Stück
Brot arbeiten mussten. „Diese Ausstellung ist so wichtig, weil sie
der jungen Generation zeigen soll, was passiert, wenn man blind
bleibt, wenn man mit der Menschenmenge mitmacht”, sagt Simone
Arnold. „Totalitäre Regimes können nur dann an die Macht kommen,
wenn die Menschen zu schwach sind, um Nein zu sagen.”
Antisemitische Äußerungen in unseren Tagen machen sie traurig,
können sie aber kaum erstaunen: „Ich habe mich mit dem Gedanken
abgefunden, dass sich alles wiederholt, wie es sich auch in der
Geschichte wiederholt hat. Noch haben die Menschen nicht viel
gelernt. Nur wenn sie der Bibel nachgehen, dann gibt es Frieden.”
Die Wanderausstellung ist bereits in knapp hundert Städten in
Europa und den Vereinigten Staaten zu sehen gewesen. In Palmas
Schloss Bellver ist sie bis zum 23. Juni täglich, auch an den
Wochenenden, von 9 Uhr bis 18 Uhr zu besichtigen.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.