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Wer sein Haus auf den Namen „Villa del Sol” tauft, muss schon eine besondere Beziehung zur Sonne haben. Da verwundert es nicht, dass die begehrten Strahlen auch zur Energiegewinnung eingesetzt werden. „Wo sonst, wenn nicht hier auf Mallorca”, erklärt Jürgen Wegner und zeigt nicht ohne Stolz auf die Solaranlage, die im vergangenen Winter auf dem Dach seiner Garage in der Urbanisation Bahia Grande, wenige Kilometer östlich von Palma, installiert wurde.

Zwei Jahre überlegte der 60-Jährige und verglich die verschiedensten Angebote, bis er sich dafür entschied, die komplette Warmwasserversorgung und Heizung seines Hauses auf Sonnenenergie umzustellen. „Anfangs war ich sehr skeptisch, aber inzwischen bin ich davon überzeugt, das Richtige getan zu haben. Von wenigen Tagen abgesehen, hatten wir immer eine Raumtemperatur zwischen 19 und 20 Grad. Und das auf der gesamten Wohnfläche von 280 Quadratmetern”, so Wegner. Das Wasser komme sogar noch heißer aus der Leitung als mit dem Durchlauferhitzer. „Das könnte man direkt für den Kochwaschgang in die Waschmaschine pumpen.”

Auch Heinrich Weber aus Cala D'Or hat es nicht bereut, die komplette Wärmeerzeugung der Sonne anzuvertrauen. Der 82-Jährige Physiker plante die Anlage bis ins Detail selbst und achtete persönlich darauf, dass auch jedes Rohr und Ventil genau dort angebracht wurde, wo es hin sollte. Die Energieeinsparung, so Weber, sei beträchtlich. „Alles in allem ist das eine saubere und ökologisch sinnvolle Sache”.

Obwohl auf Mallorca im Schnitt jährlich die Sonne 2803 Stunden scheint (in Hamburg sind es gerade einmal 1500), führen Solaranlagen zur Strom- und Wärmegewinnung ein Schattendasein. Webers und Wegners gibt es nicht viele auf der Insel. Lediglich fünf bis acht Prozent der Haushalte auf Mallorca, so die Einschätzung von Klaas Reuss von der auf alternative Wärmetechnik spezialisierten Firma „enertec”, deckten ihren Energiebedarf komplett oder teilweise durch die Umwandlung von Sonnenlicht in Wärme oder Strom. Im Vergleich mit anderen Mittelmeerländern wie Griechenland oder der Türkei, wo neun von zehn Häusern mit wärmeumwandelnden Kollektoren versehen seien, gebe es auf den Balearen noch viel zu tun. Aber der Trend weise eindeutig hin zur Solarenergie.

Diese Einschätzung wird auch von Vreni Uhle geteilt. Seit 15 Jahren betreibt sie zusammen mit ihrem Mann Rolf in Manacor die Firma „Energies Naturals”. „Kinder aus Südosteuropa malen Häuser immer mit Solarpaneel auf dem Dach. Das ist für die so selbstverständlich wie woanders der Schornstein”, so Vreni Uhle.

Beide Firmen gehören zu den rund 40 auf Mallorca ansäßigen Betrieben, die sich der Nutzung von Sonnenenergie verschrieben haben. Außerdem sind sie Mitglieder im Solarverein „Aperbal”, einer Interessensvertretung von 25 mallorquinischen Solartechnikunternehmen.

Erst seit wenigen Tagen ist Gerd Hof mit seinem Betrieb „Sky Solar Tec” in den Startlöchern der Alternativtechnik auf der Insel. Es hat ihn aus der deutschen „Hauptstadt” der Solarzellenerzeugung, Gelsenkirchen, nach Mallorca gezogen, weil es hier noch erheblichen Handlungsbedarf hinsichtlich der Nutzung von Sonnenenergie gebe. Hauptsächlich müsse aber noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Das Umweltbewußtsein unter der mallorquinischen Bevölkerung ist noch längst nicht so entwickelt wie beispielsweise in Deutschland”, so Hof. Eines ist für den Unternehmer jedoch klar: Ohne die intensive Nutzung der Sonne habe die Insel keine Zukunft.

Vor allem die Umwandlung von Sonnenenergie im sogenannten Brauchwasserbereich verspricht erhebliche Einsparungen. 80 bis 90 Prozent Energiekosten können bei der Warmwasseraufbereitung mit Solaranlagen eingespart werden. Bei Raumheizungen sind es immer noch bis zu 50 Prozent. Den Spareffekt nutzen auch schon mehr als 250 Hotels auf der Insel. Urlauber sind bekanntlich Vielduscher und meiden auch in heißen Monaten das kalte Wasser.

Für kleine Haushalte oder Wochenendfincas können schon relativ preiswerte Anlagen eingesetzt werden, die für den täglichen Warmwasserbedarf von zwei bis drei Personen ausgelegt sind. Ein 160-Liter-Wasserboiler und ein zwei Quadratmeter großer Kollektor reichen bereits aus.

Das Funktionsprinzip ist simpel. Unter einer Glasplatte befindet sich ein speziell beschichtetes Kupferblech, unter dem sich die Rohre eines internen Flüssigkeitskreislaufs schlängeln. Das warme Wasser steigt nach oben und füllt eine im Boiler befindliche Spirale, die die Wärme dann wie ein Tauchsieder an das in dem Behältnis gespeicherte Wasser abgibt. Das kalte Wasser aus dem Tauchsieder fließt wieder in den Kollektor zurück, wird aufs neue erhitzt und steigt in den Boiler hoch.

Sollte in den Wintermonaten die Wassertemperatur im Boiler unter einen vorgegeben Wert fallen, kann bei Bedarf automatisch eine externe Heizquelle hinzugeschaltet werden. Ein solches Warmwasserkraftwerk ist inklusive Montage für 1600 Euro zu haben. Komplette elektronisch gesteuerte Heizsysteme werden ab 10.000 Euro gehandelt.

Aufgrund der relativ geringen Wassertemperaturen, die in den Wintermonaten mit Solaranlagen produziert werden können, eignen sich besonders Fußbodenheizungen für den Betrieb mit Solarenergie. Ihre geringen Betriebstemperaturen können normalerweise auch mit wenigen Sonnenstunden ereicht werden.

Die Wirtschaftlichkeit von Anlagen, die sowohl Brauch- und Heizwasser erhitzen, ist bei Neubauten am größten. Wer im Baustadium das Haus nicht gleich mit Solarwärme austatten möchte, sollte, so der Solarverein „Aperbal”, zumindest die Vorinstallationen für eine spätere Umstellung auf Sonnenenergie einplanen. In der Gemeinde Calvià sind zum Dach führende Wasserrohre bereits in den Bauvorschriften verankert.

Selbst mit kleinen Warmwasser-Solaranlagen der 160-Liter-Klasse, so Klaas Reuss, könnten jährlich 1780 Kilowattstunden Strom eingespart werden. Dies entspreche einer Reduzierung der Stromrechnung um 210 Euro pro Jahr. Mögliche Preissteigerungen auf dem Energiesektor nicht mitgerechnet, würde sich eine solche Anlage nach weniger als acht Jahren, also noch deutlich innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen zehnjährigen Gewährleistungsfrist für Solarsysteme, amortisiert haben.

Wer in den Genuß der knappen Fördermittel des Umweltministeriums kommt, kann nochmals für umgerechnet rund eineinhalb Jahre Strom sparen. Die Behörde unterstützt die Anschaffung von thermischen Solaranlagen mit einer einmaligen Subvention in Höhe von maximal 180 Euro pro Quadratmeter Sonnenkollektor.

Hauptnutznießer der sonnenbetriebenen Warmwassersystemen aber ist die Umwelt. Weit über 80 Prozent der für den Treibhauseffekt verantwortlichen Gase, die bei der konventionellen Stromerzeugung entstehen, können durch den Einsatz von Solarpaneelen vermieden werden.

Wesentlich mehr Geld müssen diejenigen investieren, die nicht nur das Wasser von der Sonne aufgeheizt haben möchten, sondern ihr Haus mit Solarstrom vom öffentlichen Energienetz unabhängig wissen wollen. Rund 8000 Euro, so Diplom Ingenieur Uli Spriessler, müssen für ein kleines Fotovoltaikkraftwerk mit einer Leistung von 1'5 Kilowatt pro Stunde angelegt werden. Spriessler ist Spezialist für Solarthermik und Fotovoltaik und plant in seinem Büro in Palma Solaranlagen in jeder Größenordnung.

Mit einer Leistung von 1'5 Kilowatt, so der Ingenieur, sei man aber noch weit von dem entfernt, was täglich an Strom für den Haushalt gebraucht werde. Diese Menge reiche zwar für Lichtstrom, kleinere Elektrogeräte und einen energiesparenden Kühlschrank, Waschmaschinen und andere Stromfresser müssten aber mit wesentlich stärkeren Anlagen oder zugeschalteten Dieselgeneratoren betrieben werden.

Mit ungefähr fünf Kilowattstunden veranschlagt das balearische Umweltministerium den Stromverbrauch eines durchschnittlichen Haushalts. Eine Anlage in dieser Größenordnung koste, so Vreni Uhle von „Energies Naturals”, bis zu 40.000 Euro.

Für nicht an das Stromnetz angeschlossene Fincas auf dem Land können sich aber diese Kosten durchaus rechnen. Ein Anschluß an das Stromnetz des mallorquinischen Netzbetreibers Gesa/Endesa kann, je nach dem, wo sich das Anwesen befindet, durchaus in der Preisklasse einer Leistungsstarken Fotovoltaik-Anlage liegen. Zumal die Stromleitungen inzwischen unterirdisch verlegt werden müssen. Eine autarke Versorgung ist darüber hinaus innerhalb einiger Wochen installiert. Für einen Gesa-Anschluss gibt es Wartezeiten von drei bis vier Jahren.

Auch für Solarstrom stehen öffentliche Fördermittel bereit. Seit April können Anträge sowohl für Solarwärme als auch für Solarstrom beim balearischen Umweltministerium eingereicht werden. Pro Watt Solarstrom könnten theoretisch 3'5 Euro an Subventionen kassiert werden. Die maximale Förderung für privat genutzte Anlagen beträgt 49 Prozent der Investitionshöhe, höchstens jedoch 29.000 Euros. Bevorzugt, so die Vergaberichtlinien, werden kleine Solaranlagen mit einer Leistung zwischen 400 und 1000 Watt unterstützt.

Das klingt nicht schlecht. Das Problem, und da ist sich die Solarbranche einig, bestehe aber darin, dass viel zu wenig Geld im Subventionstopf enthalten sei. Auf den Cent genau gilt es in diesem Jahr 738.333.26 Euros zu verteilen. Das reiche hinten und vorne nicht. Obwohl im vergangenen Jahr doppelt soviel Geld zur Verfügung stand, wurden von den 833 gestellten Anträgen nur 327 Projekte per Los berücksichtigt.

Ebenfalls, so die Solarstromtheorie, hat jeder, der an das hiesige Stromnetz angeschlossen ist, das Recht, seinen Solarstrom zu verkaufen und in das öffentliche Netz einzuspeisen. Dies würde auch mit 0'21 Euro pro Kilowatt weit über dem aktuellen Stromtarif bezahlt werden. Der Haken dabei ist nur, daß es für Privatpersonen nicht möglich ist, in die Strombranche einzusteigen. Erst muss eine Energiefirma gegründet werden. Dies allein ist schon aufwendig, aber nur der erste von vielen weiteren bürokratischen Schritten. Das ganze, so Ingenieur Spriessler, könne sich ewig hinziehen.