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Anfang Dezember fing der Krach an. Regelmäßig, Jahr für Jahr. Dann nämlich, wenn meine Großmutter den Teig für den Christstollen rührte. Mein Großvater hatte die ehrenvolle Aufgabe, den Teig zu schlagen. Das sei Männersache, behauptete Großmutter, die ansonsten eine recht emanzipierte Frau war.

Der Knackpunkt war, dass Großvater den Teig niemals zu ihrer Zufriedenheit schlug. Mal zu heftig, mal zu wenig heftig, mal zu langsam, mal zu schnell. Wenn er ob der Anstrengung und ob ihres dauernden Donnerwetters außer Puste geriet, wollte sie sich kaputt lachen: „Das übernehme ich denn mal lieber.” Der Stollen schmeckte schließlich köstlich, wenn wir denn wenigstens einmal ein Stück bekommen hätten.

Vor Weihnachten war der Stollen verboten, zu Weihnachten wurde er schmählich zugeteilt – es könnten ja Gäste kommen –, und nach Weihnachten geriet er in Vergessenheit. So ging es mit jedwedem Weihnachtsgebäck. Viele Male fand die Familie Anfang Dezember noch Reste der vergangenen Weihnacht.

Weihnachtsbäckerei hat halt etwas Nostalgisches, ist mit Erinnerungen verbunden. „Das Schönste war der Teig”, erzählte mir eine Nachbarin kürzlich. „Das Stück, das mein Bruder kneten durfte, war stets eine Spur dunkler als mein eigener Teig. Er hatte immer schmutzige Hände. Diese Plätzchen bekam mein Vater, der merkte das nicht.”

Und eine Freundin erzählt: „Meine Mutter buk viele verschiedene Sorten, aber nur solche, die keiner mochte. Der Absatz war gering, wir mussten uns bis Ostern durch die Plätzchen kämpfen.”

Dann gibt es noch das Ameisengebäck. Als eine Freundin die feinen, selbst gemachten Schokoladenplätzchen über Nacht auf Backroste zum Trocknen aufreihte, hatten sich am nächsten Morgen ganze Ameisenstraßen dorthin bewegt. Das war, als es am Heiligen Abend gut 20 Grad warm war.

Aber damit muss man zu Weihnachten vor allem auch hierzulande eben rechnen.